Washington (epd). Das Oberste US-Gericht hat wegen einer Kontroverse um die spirituelle Betreuung des Verurteilten eine für Mittwoch (Ortszeit) geplante Hinrichtung aufgeschoben. Die Richter gaben einem Eilantrag des Häftlings John Ramirez in Texas statt, wie örtliche Medien berichtete.
Ramirez hatte gegen eine Vorgabe geklagt, wonach der Pastor im Hinrichtungsraum nicht laut für den Verurteilten beten und ihm auch nicht die Hand auflegen darf. Dies verstoße gegen sein verfassungsmäßiges Recht auf Religionsausübung, argumentierte er. Den Fall will das Oberste Gericht im Oktober oder November in der Sache prüfen. Die umstrittene Vorschrift hatte die Vollzugsbehörde in Texas erst vor wenigen Monaten erlassen.
In den vergangenen Jahren hat das Oberste Gericht bei mehreren Urteilen das Recht auf Religionsausübung berücksichtigt. Seit rund zwei Jahren befasst sich das Oberste Gericht zudem mit der Ausübung der Seelsorge bei Hinrichtungen.
Der Seelsorger von Ramirez, der Baptistenpastor Dana Moore aus Corpus Christi in Texas, protestierte ebenfalls gegen die Restriktionen. Bei den Baptisten gehöre Berühren zum Segnen und zum gemeinsamen Gebet, erläuterte Moore im evangelikalen Magazin „Christianity Today“. Ramirez ist laut Moore im Gefängnis Mitglied einer Baptistengemeinde geworden.
2019 hatte ein zum Tode Verurteilter Buddhist wegen religiöser Diskriminierung gegen Texas geklagt. Der Bundesstaat hätte seinem Seelsorger den Zutritt zum Hinrichtungsraum verweigert, während christliche Geistliche bei Hinrichtungen dabei sein dürften. Das Oberste US-Gericht gab daraufhin der Klage statt, die Hinrichtung wurde aufgeschoben. Texas reagierte mit einem umfassenden Verbot aller Geistlichen im Hinrichtungsraum.
In Texas werden mehr Todesurteile vollstreckt als in allen anderen Bundesstaaten der USA. Viele Jahre lang war es üblich, dass ein Geistlicher dem Gefangenen im Hinrichtungsraum beisteht, für den Todgeweihten betet, und diesem beim Sterben die Hand auf den Fuß oder das Bein legt.