Die sieben Episoden hielten all' jenen, die sich für achtsam und sensibel halten, einen derart wirklichkeitsnahen Spiegel vor, dass viele das vermutlich gar nicht lustig fanden. Aber was könnte eine Fortsetzung bieten, was nicht schon die erste Staffel geboten hat?
Stilistisch hat sich bei der ursprünglich für TNT Comedy entstandenen Serie nichts verändert, denn auch die neuen Folgen orientieren sich an der typischen Machart von Doku-Soaps: Ninas Mutter Ini (Johanna Gastdorf) ist Filmemacherin. In der ersten Staffel wollte sie das Phänomen der Helikoptereltern dokumentieren. Die zweite setzt ein Jahr später ein; nun erzählt Ini (und damit auch Regisseur Lutz Heineking jr.), wie es mit den "Krims Krams Kids" weitergegangen ist. Den größten Einschnitt gab es allerdings im Leben der gegen Ende der ersten Staffel an Krebs erkrankten Regisseurin. Nach erfolgreicher Behandlung ist sie nun wieder voller positiver Energie und muss feststellen, dass den Eltern nach wie vor keine Mücke zu klein ist, um nicht eine ganze Elefantenherde draus zu machen. Die entsprechenden Gespräche sind Lehrstücke in political correctness, die jedoch regelmäßig an der normativen Kraft des Faktischen zerschellt: Wie soll man sehr kleinen Kindern erklären, dass es ethisch nicht vertretbar ist, sich an Karneval als Indianer zu verkleiden? Dürfen Eltern Alkohol zu einer Kinderparty mitbringen? Und wer soll das Diversitäts-Casting um den letzten Kita-Platz gewinnen, die syrischen Flüchtlinge oder das Paar aus dem sozialen Brennpunkt? Da muss selbstredend ein Stuhlkreis her.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Andere Probleme sind hausgemacht: Da ein Seitensprung von Lehrerin Anita (Nadja Becker) mit dem eigentlich schwulen Schauspieler Malte (Daniel Zillmann) nicht ohne Folgen geblieben ist, probieren sie sich nun gemeinsam mit Anitas Mann Lars (Sebastian Schwarz) als Eltern zu dritt, was natürlich nicht funktioniert, weil die beiden Männer in praktisch allem unterschiedlicher Meinung sind. Kein Wunder, dass sich Anita ständig am Rande eines Nervenzusammenbruchs bewegt, zumal das Baby ein Schreikind ist. Die Rolle von Sebastian Schwarz ist die eckigste und kantigste des Ensembles, weil der Anwalt dauernd ausspricht, was sich andere nicht mal zu denken trauen. Sein Menschenbild ist geprägt von Klischees und Vorurteilen, die sich in völlig verunglückten Scherzen äußern; in den digitalen Medien würde der Mann einen Shitstorm nach dem anderen verursachen.
Natürlich gibt es auch bei den anderen Paaren mannigfaltige zwischenmenschliche Kollisionen, hier in Form einer Trennung, dort als Seitensprung; von Eigenmächtigkeiten, die der Partner oder die Partnerin nur durch Zufall erfahren, ganz zu schweigen. Wie in einer Castingshow bekommen die Eltern Gelegenheit, ihre Motive im Zwiegespräch mit Ini zu erläutern; manchmal ziehen sie aber auch bloß über die anderen her. Gespielt ist das erneut hervorragend, zumal sich die Mitwirkenden auch als Ensemble perfekt ergänzen. Ein großes Vergnügen sind zudem die Exkurse, wenn Lars und Anita beispielsweise Hilfe bei einer esoterischen Lebensberatung suchen oder sich ein vermeintlicher Anti-Aggressionstrainer (Peter Trabner) als Verfechter einer autoritären Erziehung entpuppt, der den zunächst verblüfften, dann jedoch zunehmend überzeugten Eltern demonstriert, dass ein Klaps noch niemandem geschadet habe. Gegen Ende läuft das Projekt offenbar komplett aus dem Ruder: Ausgerechnet an Silvester droht der Abriss. Der Schluss schließlich ist ein kleiner Knüller.
Für die Dialoge gilt das ohnehin ("Urlaub mit anderen Eltern ist wie Swinger-Club ohne Sex"); die Drehbücher hat Heineking gemeinsam mit Sönke Andresen geschrieben. Neben den vielen bösen Seitenhieben erfreut die zweite Staffel auch durch kleine Digitalausflüge etwa in die Welt von "Krieg dein Leben gebacken", eine Selbstverwirkungslichungs-Website, die sich Yaa (Rebecca Lina) nach der Trennung von Björn (Serkan Kaya) eingerichtet hat. Der wiederum scheitert auf witzig klägliche Weise bei dem Versuch, sich auf eine offenkundig sexwillige Online-Bekanntschaft ("Tinder statt Kinder") einzulassen. Neo zeigt die Serie dienstags in Doppelfolgen; in der ZDF-Mediathek stehen bereits alle zum Abruf bereit.