TV-Tipp: "Womit haben wir das verdient?"

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13. August, Arte, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Womit haben wir das verdient?"
Im Grunde erzählt die österreichische Drehbuchautorin Eva Spreitzhofer mit ihrem Regiedebüt "Womit haben wir das verdient?" eine typische Pubertätsgeschichte, die ihren komödiantischen Charakter der Konfrontation verdankt.

In der Pubertät schlagen Kinder schon mal ungewöhnliche Wege ein, um sich von ihren Eltern abzugrenzen. Womöglich ist es auch gar nicht so selten, dass junge Frauen aus Liebe zum Islam konvertieren. Für Väter und Mütter kann das eine echte Herausforderung darstellen, zumal viele Menschen überzeugt sind, dass es vom Islam zum Islamismus nur ein kleiner Schritt ist. Dazu passt, dass junge Konvertiten die Regeln des Korans gern strenger auslegen als Gleichaltrige, die mit der Religion aufgewachsen sind. Oft werden solche Geschichten als Dramen erzählt, in denen sich Söhne und Töchter dem "Islamischen Staat" angeschlossen haben. In den Fernsehfilmen "Macht euch keine Sorgen" und "Für meine Tochter" (beide 2018) reisen Väter nach Syrien, um ihre Kinder zurückzuholen. Auch im Sonntagskrimi führt ein Religionswechsel unweigerlich zur Radikalisierung (etwa in einem "Tatort" aus Kiel, "Borowski und das verlorene Mädchen", 2016). Kein Wunder, dass die Wiener Ärztin Wanda (Caroline Peters) gleich vom Schlimmsten ausgeht, als die 16-jährige Nina (Chantal Zitzenbacher) eines Tages mit Hidschab erscheint und fortan Fatima genannt werden möchte.

Daraus hätte selbstverständlich ebenfalls ein Drama werden können, aber der Titel ist ein eindeutiges Signal. Wanda ist Atheistin, hat ihre Töchter feministisch erzogen und hält muslimische Kopfbedeckungen für ein Zeichen patriarchalischer Unterdrückung. Den Sinneswandel der Tochter betrachtet sie als persönlichen Affront. Sie gibt sich zwar Mühe, Rücksicht zu nehmen, und kauft Lebensmittel, die "halal", also nach islamischem Recht erlaubt sind, aber trotzdem kommt es regelmäßig zu heftigen Auseinandersetzungen, weil Lebensgefährte Tony (Marcel Mohab) saudiarabische Verhältnisse befürchtet. Wandas Ex-Mann Harald (Simon Schwarz) ist auch keine große Hilfe. Schließlich stellt sich zwar raus, dass Ninas Konversion weniger das Resultat religiöser Überzeugung, sondern vor allem ein Akt der Solidarität ist, aber am Ergebnis ändert das nichts.

Wie in Komödien üblich hat Spreitzhofer diverse Details auf die Spitze getrieben, doch damit bedient der Film viele verbreitete Vorbehalte gegenüber dem Islam. Weil beispielsweise Gebete und rituelle Waschungen aus Sicht der areligiösen Wanda gezeigt werden, muten sie ausnahmslos rückständig an. Gleiches gilt für das Verhalten der muslimischen Männer, deren klischeehaftes Macho-Verhalten Wandas Vorurteile beim Moscheebesuch bestätigt, oder für einen Gastauftritt von Kida Khodr Ramadan als Imam, der auf die Traditionen pocht. Das ist zwar alles witzig inszeniert, zumal die Dialoge oft ausgesprochen amüsant sind – gerade Nina und ihre Schwester Klara (Anna Laimanee) bleiben sich keine Bosheit schuldig –, aber unterm Strich vermittelt der Film die Botschaft, dass der Islam nicht in unseren Kulturkreis passt. Der Wegweiser in einer Beratungsstelle genügt, um dies zu verdeutlichen: hier geht’s zum Rechtsradikalismus, dort zum Islamismus.

Selbstverständlich lebt Satire von der Übertreibung, doch das gilt in diesem Fall eben nur für die Moslems. Dass Nina rückfällig wird und ausgerechnet während des Ramadans tagsüber Schweinefleisch isst, wirkt wie ein Verrat an der Figur. Exemplarisch für die Haltung des Films ist eine Klamaukszene, in der Harald und Wanda, in Burkas gehüllt, in eine Polizeikontrolle geraten. Sie kommen mit einer Verwarnung davon, weil sie dem Rat des Beamten folgen und angeben, sie seien auf dem Weg zu einem Maskenball. Wenn man mit diesem spöttischen Ansatz des Films leben kann, ist "Womit haben wir das verdient?" gerade auch wegen der vorzüglichen darstellerischen Leistungen sehenswert, zumal Spreitzhofer ihre Patchwork-Komödie um diverse heitere Nebenschauplätze ergänzt hat; so lässt sich zum Beispiel ausgerechnet der antireligiöse Harald von seiner neuen Freundin (Hilde Dalik) zur kirchlichen Heirat überreden. Dass sich Nina gegen Ende bereiterklärt, eine Scheinehe mit einem homosexuellen Moslem einzugehen, weil dem jungen Mann die Zwangsheirat mit seiner Cousine droht, wäre fast schon eine Geschichte für sich. Trotzdem bleibt es dabei, dass der Film im Unterschied zu vielen romantischen Komödien über "Culture Clashs" vor allem die Gegensätze und nicht die Gemeinsamkeiten betont: Eine friedliche Koexistenz oder gar eine Versöhnung mit dem Islam scheinen unmöglich.