Die neunte Episode aus der ZDF-Reihe "Friesland" wird ihrem Titel vollauf gerecht: Der Film hat in der Tat Hand und Fuß, und das nicht nur buchstäblich; selbst wenn sich in den Särgen von Bestatter Habedank (Holger Stockhaus) Körperteile finden, die da nicht hingehören. Die zuvor ausgestrahlten Beiträge der eigentlich amüsanten Krimireihe ("Hand und Fuß" ist eine Wiederholung aus dem Jahr 2019) waren von allenfalls durchschnittlicher Qualität, weil die Figuren nicht aus ihren Schablonen durften oder sich die Originalität der zum Teil zudem ohne Biss inszenierten Handlung viel zu früh erschöpfte. Die Darsteller bewegen sich zwar auch diesmal im Rahmen ihrer Rollen, aber die Geschichte ist originell und erfreut zudem durch einige Überraschungen. Zartbesaitete Zuschauer, die um "echte" Krimis einen großen Bogen machen, werden beim Wort "Serienmörder" zwar erst mal zusammenzucken, können aber unbesorgt bleiben: Der entsprechende Verdacht bestätigt sich selbstredend nicht, schließlich steht "Friesland" eher für Komödie als für packende Spannung.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Als Habedank in einem zur Verbrennung bestimmten Sarg durch Zufall einen überzähligen Fuß entdeckt, ist Revierleiter Brockhorst (Felix Vörtler) überzeugt, dass ein Serienkiller, dem er schon vor vier Jahren in Wilhelmshaven auf der Spur war, sein Unwesen nun in Leer treibt; erst recht, als später auch noch ein Arm auftaucht. In Wirklichkeit verhält sich natürlich alles ganz anders, aber der Vorgesetzte des Streifenduos Henk und Süher (Maxim Mehmet, Sophie Dal) lässt sich nicht von seiner fixen Idee abbringen, zumal ein Mitarbeiter des Krematoriums eindeutig etwas zu verbergen hat. Das Opfer, zu dem die Leichenteile gehören, stellt sich schließlich als Oberschwester aus dem örtlichen Krankenhaus heraus, und weil die Frau offenbar Krach mit ihrem Freund hatte, ist der Mann (Shenja Lacher) ebenfalls verdächtig: Er hat nicht nur flüchtige Ähnlichkeit mit einem Phantombild des Mörders, sondern bis vor einigen Jahren in Wilhelmshaven gelebt.
Das Drehbuch stammt von Christian Schiller und Marianne Wendt. Das Duo hat auch die beiden guten ersten "Irland-Krimis" mit Désirée Nosbusch (ARD) geschrieben. Dritte im Autorenbunde für die "Friesland"-Folge war Magdalena Grazewicz. Natürlich müssen sich Autoren bei einer Reihe gerade hinsichtlich der Figuren an bestimmten Vorgaben orientieren, aber das Trio führt vor, wie sich dieser Spielraum geschickt für die Geschichte nutzen lässt: Die dienstbeflissene und etwas streberhafte Süher hat sich in Eigeninitiative fortgebildet, um sich bei Vernehmungen verhaltspsychologische Erkenntnisse zunutze zu machen, was prompt zur Lösung des Falls beiträgt. Henk wiederum hat sich überreden lassen, als Hahn im Korb an einem Junggesellinnenabschied teilzunehmen. Dass der Abend im Bett der Braut (Luise Heyer) enden würde, war ebenso wenig geplant wie die anschließenden Ermittlungen in eigener Sache, denn als der Ehemann in spe (Philipp Hochmaier) von der Nachtschicht heimkehrt, hält er den unerkannt flüchtenden Polizisten für einen Einbrecher. Natürlich ist dank ihres vorübergehenden Studiums der forensischen Medizin auch Apothekerin Insa (Theresa Underberg) wieder mit von der Partie, denn Brockhorst, der nach Leer versetzt wurde, weil ihm der Täter damals entwischt ist, will den Fall auf eigene Faust lösen und erst dann die alten Kollegen informieren. Auch Vörtler und Underberg bleiben ihren Figuren treu; trotzdem ist es schön gespielt, wie Insa strahlt, als der Kommissar sie um Hilfe bittet.
Regie führte Isabel Prahl, die unter anderem für den NDR mit "Was wir wussten – Risiko Pille" einen fesselnden Tatsachenfilm über die Gefahren der Anti-Baby-Pille gedreht hat und mit dem komödiantischen Krimi nun erfolgreich ein völlig anderes Genre bedient. Natürlich standen die witzigen und stellenweise durchaus makabren Dialoge - "So eine rechte Hand wünscht sich jeder", sagt der Professor im Krankenhaus über die verstorbene und zerteilte Oberschwester - im Drehbuch, aber die Umsetzung im richtigen Tempo ist Sache der Regie. Gerade der Auftakt ist flott erzählt, und auch der Rest ist recht kurzweilig. Selbst ein eigentlich naheliegender Gag funktioniert: Brockhorsts Klingelton ist eine Instrumentalpassage aus Falcos Hit "Der Kommissar".