Frankfurt a.M., Addis Abeba (epd). Überschattet von einem blutigen Konflikt und einer drohenden Hungersnot in der Krisenregion Tigray findet am Montag in Äthiopien eine lang erwartete Parlamentswahl statt. Die Wahl wird auch als Abstimmung über Ministerpräsident Abiy Ahmed gesehen, der das Land am Horn von Afrika seit 2018 regiert. Abiy wurde für seine Reformen gelobt und bekam 2019 den Friedensnobelpreis für die Annäherung mit dem Nachbarland Eritrea, steht jedoch zunehmend wegen seines Vorgehens in Tigray in der Kritik.
Insgesamt treten mehr als 50 Parteien auf nationaler und regionaler Ebene an, rund 38 Millionen Wähler haben sich registrieren lassen. Mehrere Oppositionsparteien unter anderen von der größten Bevölkerungsgruppe der Oromo boykottieren die Abstimmung, weil einige führende Politiker festgenommen und Mitglieder eingeschüchtert worden seien. Ein Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres betonte am Samstag, alle Seiten müssten vom Einsatz von Gewalt absehen, sodass alle Wähler ihre Stimme abgeben können.
In einigen Gebieten, darunter in Tigray, wird wegen Konflikten oder Verzögerungen bei der Vorbereitung nicht gewählt. In der Tigray-Region im Norden des Landes brach im November ein militärischer Konflikt um die Macht aus, nachdem Abiy die Parlamentswahlen im vergangenen Jahr wegen der Corona-Pandemie verschieben ließ. Die Regionalregierung organisierte trotzdem Wahlen. Abiy war 2018 nach dem überraschenden Rücktritt seines Vorgängers Hailemariam Desalegn zum Ministerpräsidenten ernannt worden. Wird seine Partei bei den Wahlen am Montag die größte, bleibt er Regierungschef.