Mexiko-Stadt (epd). Knapp sieben Jahre nach dem Verschwinden von 43 Studenten in der südmexikanischen Stadt Iguala gibt es neue Widersprüche zur offiziellen Version des Falls. Gerichtsmediziner der Universität Innsbruck identifizierten die Überreste eines der Verschwundenen, wie der Sonderbeauftragte der Generalstaatsanwaltschaft, Omar Gómez, am Dienstag (Ortszeit) mitteilte. Damit konnten mittlerweile Knochen von drei der verschleppten jungen Männer zugeordnet worden.
Die jetzt untersuchten Knochen wurden wie in einem weiteren Fall nicht dort gefunden, wo es nach damaliger offizieller Darstellung zu erwarten gewesen wäre. Die Studenten waren am 26. September 2014 von Polizisten festgenommen und dann Kriminellen übergeben worden waren. Danach sind sie nie wieder aufgetaucht. Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam hatte den Fall nach wenigen Monaten für aufgeklärt erklärt. Demnach seien die Männer auf einer nahegelegenen Müllhalde verbrannt worden. Dies sei die „historische Wahrheit“.
Wie in einem weiteren Fall wurden die nun identifizierten Knochen nicht in der Nähe der Müllhalde geborgen. Dies zeige, wie die Familien belogen worden seien, erklärte die Menschenrechtsorganisation Centro Pro auf Twitter. Auch Guillermo Fernández-Maldonado, der Vertreter des UN-Menschenrechtskommissariats in Mexiko, erklärte am Dienstag, die „historische Wahrheit“ habe keine wissenschaftliche Basis. Angehörige sowie internationale Menschenrechtsinstitutionen hatten der damaligen Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto vorgeworfen, die Hintergründe der Tat gezielt zu verschleiern.
Peña Nietos Nachfolger Andrés Manuel López Obrador erklärte den Fall bei seiner Amtsübernahme 2018 zur Chefsache. Seither sind die Ermittlungen etwas vorangegangen. Mittlerweile wird auch eine mögliche Beteiligung von Bundespolizisten und Soldaten untersucht.
In Mexiko gelten über 80.000 Personen als verschwunden. Nur die wenigsten Fälle werden aufgeklärt.