"Es sollte ein Signal von Büchel ausgehen"

Friedensaktivisten Elke Koller aus Bonn (ADGF Treffen 2019) und Büchel.
©Matthias Jung
Friedensaktivisten Elke Koller in Büchel 2019. Die Apothekerin aus der Eifel engagiert sich seit Jahrzehnten gegen den Atomwaffenstützpunkt und organisiert Ostermärsche, Mahnwachen und Protestaktionen.
"Es sollte ein Signal von Büchel ausgehen"
25 Jahre Proteste gegen Atomwaffen am Fliegerhorst Büchel
Im Juni 1996 begannen Aktivistinnen und Aktivisten der Friedensbewegung am Fliegerhorst in Büchel in der Eifel mit ihren Protesten für eine atomwaffenfreie Welt. Auch 25 Jahre später sind sie nicht müde geworden.

Das rheinland-pfälzische Büchel in der malerischen Eifel war 1996 in der politischen Diskussion völlig unbekannt. Heute steht es auch für den friedlichen Protest für eine atomwaffenfreie Welt. Am Fliegerhorst Büchel lagern mutmaßlich die einzigen Atomwaffen in Deutschland - 20 US-Atombomben, die im Kriegsfall von deutschen Kampfpiloten abgeworfen werden müssten. Vor 25 Jahren, vom 14. bis 16. Juni 1996, gab es die ersten Demonstrationen dagegen.

„Wir betraten als Friedensbewegung damals völliges Neuland“, erinnert sich Roland Blach. Er war 1996 bundesweiter Koordinator der „Gewaltfreien Aktion Atomwaffen abschaffen“, die die Proteste in der Eifel organisiert hat. „Wir erlebten eine sehr entspannte Atmosphäre.“ Auch die Zusammenarbeit mit der Polizei sei unkompliziert gewesen.

Mittlerweile kommen viele Gruppen regelmäßig zum Protest in die Eifel, aus ganz Deutschland, aus Europa, aber auch aus den USA. Blockaden, Mahnwachen, Gottesdienste, Fastenaktionen prägen heute das Bild. In den vergangenen Jahren wurden nach Angaben der Friedensbewegung bisher 96 Aktivistinnen und Aktivisten verurteilt, weil sie das Gelände betreten hatten. Seit 2018 wird auch regelmäßig ein kirchlicher Aktionstag veranstaltet, an dem auch die Theologin Margot Käßmann und die westfälische Präses Annette Kurschus teilnahmen.

Auch die Sängerin Nina Hagen unterstützte 2008 die Protestveranstaltung in Büchel nicht nur musikalisch.

Nach Ende des Kalten Kriegs waren die in Deutschland stationierten Atomwaffen zunächst aus dem Blickfeld der Friedensbewegung geraten, der Protest richtete sich vor allem gegen die Atomtests der Atommächte. Das änderte sich nach Unterzeichnung des Kernwaffenteststopp-Vertrags 1996. Greenpeace hatte bereits im August 1995 über „520 vergessene Bomben“ berichtet, so auch die in Büchel. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag bezeichnete im Juli 1996 die Anwendung von Atomwaffen als völkerrechtswidrig.

Der Protest in Büchel begann. Einer, der beim Aufbau der Aktionen mithalf, ist Joachim Willmann. Der Vermessungsingenieur war damals in der Atomteststopp-Kampagne aktiv. Es sei wichtig gewesen, auf die Lagerung von Atomwaffen und ihren Abzug aufmerksam zu machen, sagt er: „Es sollte ein Signal von Büchel ausgehen.“

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Ein solches Signal erreichte auch Elke Koller, die nur wenige Kilometer von dem Bundeswehrstützpunkt in Leienkaul in der Eifel lebt. „Ich wusste nichts von diesen Atomwaffen“, erzählt die Apothekerin, die damals für die Grünen im Kreistag saß. Durch die Friedensbewegung sei sie darauf aufmerksam geworden.

Bis heute organisiert sie Ostermärsche, Mahnwachen, Protestaktionen. 2010 klagte sie gegen die Bundesregierung und verlangte ein Ende der sogenannten nuklearen Teilhabe. Erfolglos. Nukleare Teilhabe bedeutet, dass Nicht-Atom-Staaten innerhalb der Nato den Einsatz von Nuklearwaffen möglich machen, etwas durch Lagerung und Bereitstellung technischer Voraussetzungen für ihren Einsatz.

Anfeindungen vor Ort

Die Niederlage vor Gericht tat Kollers Tatendrang keinen Abbruch. „Es ist wichtig, dass wir hier deutlich machen, dass in Büchel eine nukleare Aufrüstung durch die Modernisierung der amerikanischen Atomwaffen erfolgt“, betont sie. Deutsche Piloten übten seit Jahrzehnten den Einsatz von Atomwaffen, obwohl Deutschland den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet und bei der Wiedervereinigung ausdrücklich auf Atomwaffen verzichtet habe.

Freunde gemacht hat sie sich mit ihrem Engagement nicht unbedingt. Viele Menschen in der Gegend feinden die Aktivistin an, weil sie Sorge um die Arbeitsplätze in der strukturschwachen Eifel haben. „Aber es gibt auch viele, die mir hinter der Hand sagen, dass sie das Engagement gut finden, sich aber nicht trauen, auch zu demonstrieren“, erzählt Koller.

Friedensaktivist Rüdiger Lancelle in Büchel 2019.

Solche Erfahrungen machte auch Rüdiger Lancelle aus Cochem. Der frühere Realschullehrer ist ebenfalls seit 1996 in Büchel aktiv. Der langjährige Presbyteriumsvorsitzende der Kirchengemeinde Cochem engagiert sich aus christlichen Motiven. Er gehörte zu den Initiatoren der Aktion „Jericho in der Eifel“: In Anlehnung an die biblische Geschichte von Jericho wurde der Fliegerhorst über sieben Jahre lang jedes Jahr umrundet - in der Hoffnung, dass danach die Zäune fallen und die vermuteten Atomwaffen verschwinden.

Lancelle hält regelmäßig Mahnwachen am Haupttor und unterstützt die jährlichen kirchlichen Aktionstage. „Solange ich kann, werde ich hier meine Stimme gegen diese Atomwaffen erheben“, sagt er.

Lokele Friedensgruppen von der Mosel und aus der Eifel umrundeten 2008 den Fliegerhorst in Büchel aus Protest an mehreren Tagen. Dabei orientierten sich die Teilnehmer an der biblischen Geschichte vom Fall der Stadt Jericho, nachdem sie sieben Mal umrundet wurde.

Roland Blach ist heute einer der Koordinatoren des bundesweiten Trägerkreises „Büchel ist überall! Atomwaffenfrei jetzt“. Ihm ist angesichts des 25 Jahre andauernden Protests wichtig: „Es ist einfach gut, dass es 1996 gelungen ist, Büchel zu einem Symbol zu machen. Damals hat eine kleine Gruppe Geschichte geschrieben.“ Ein langer Atem gehört dazu. Wie lange die Proteste noch dauern werden, kann keiner sagen. „Wer weiß, ob die Waffen mich überleben“, sagt Joachim Willmann.