Oaxaca de Juárez, Managua (epd). Wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl in Nicaragua nimmt die Gewalt stark zu. Allein zwischen dem 1. April und dem 15. Mai sei es zu 279 gewaltsamen Übergriffen gekommen, die im Zusammenhang mit der Wahl stünden, hieß es in einem Bericht der unabhängigen Beobachtungsstelle Urnas Abiertas („Offene Urnen“), der am Montag (Ortszeit) veröffentlicht wurde. Dazu zählten unter anderen Bedrohungen, körperliche Angriffe und Festnahmen.
Mehr als 86 Prozent der Übergriffe gingen dem Bericht zufolge von Polizisten aus und richteten sich gegen politische Parteien, Medien und regierungskritische Organisationen. Häufig stünden Polizeibeamte vor den Häusern von Oppositionellen, in manchen Fällen hinderten sie die Betroffenen am Verlassen der Wohnung. Vertreter der regierenden sandinistische Partei belästigten immer wieder Regimekritiker und schränkten das Versammlungsrecht ein, hieß es. Zwischen Oktober 2020 und März diesen Jahres zählte Urnas Abiertas 323 gewaltsame Angriffe.
Am 7. November wird in dem mittelamerikanischen Land ein neuer Präsident gewählt. Der amtierende Staatschef Daniel Ortega will sich erneut zur Wahl stellen und hofft darauf, das Amt zum dritten Mal in Folge zu übernehmen. Gegen ihn will die Tochter der ehemaligen Präsidentin Violeta Chamorro (1990-1997), Cristiana Chamorro, antreten.
Chamorro leitet auch die Stiftung Violeta de Chamorro. Mitte Mai wurde gegen sie ein Verfahren wegen Geldwäsche eingeleitet. Bereits im Februar musste die Stiftung schließen, weil sie gegen ein umstrittenes Gesetz gegen die ausländische Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen verstoßen haben soll. Ebenfalls im Mai durchsuchten Sicherheitskräfte die Redaktionsräume der regierungskritischen digitalen Zeitung „Confidencial“, die von Cristiana Chamorros Bruder Carlos Fernando betrieben wird.
Das Ortega-Regime geht immer wieder repressiv gegen Oppositionelle vor. Bei Protesten im Jahr 2018 wurden mindestens 328 Menschen getötet und 800 verhaftet.