Frankfurt a.M., Naypyidaw (epd). Myanmars einstige De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi ist seit dem Militärputsch vom 1. Februar zum ersten Mal persönlich vor Gericht in der Hauptstadt Naypyidaw erschienen. Das berichtete am Montag das Nachrichtenportal „Frontier Myanmar“. Bis dahin hatten sämtliche Anhörungen per Videoschalte stattgefunden. Das Militärregime wirft der 75 Jahre alten Friedensnobelpreisträgerin mehrere Vergehen vor, darunter „Anstiftung zum Aufruhr“, Verrat von Staatsgeheimnissen, illegalen Besitz von Funkgeräten sowie Verstöße gegen Corona-Auflagen. Auch hat Suu Kyi erstmals ihr Anwaltsteam persönlich treffen dürfen.
Erst vor drei Tagen war bekannt geworden, dass Suu Kyis Partei „Nationale Liga für Demokratie“ (NLD) aufgelöst werden soll. Als Grund gab die von der Militärjunta ernannte Wahlkommission Wahlbetrug an. Führende Mitglieder der gestürzten Regierungspartei sollten zudem als „Verräter“ belangt werden. Laut „Frontier Myanmar“ ließ Suu Kyi über ihre Anwältin Min Min Soe am Montag erklären, die NLD sei „für das Volk gegründet worden und wird existieren, solange wie das Volk existiert“. Die Partei hatte die Wahlen vom November 2020 klar gegen die militärtreue USDP gewonnen. Eine Wahlbeobachtermission mit Sitz in Thailand hatte den Betrugsvorwürfen widersprochen.
Seit dem Umsturz kommt es fast täglich zu Demonstrationen in dem südostasiatischen Land, gegen die das Militärregime zunehmend brutal vorgeht. Menschenrechtler werfen Myanmars Armee den Einsatz von Kriegswaffen gegen die Bevölkerung vor. Laut der Hilfsorganisation für politische Gefangene (AAPP) wurden bisher mindestens 818 Menschen bei Protesten getötet. Zudem wurden fast 5.400 Personen festgenommen, von denen die meisten immer noch hinter Gittern sitzen. Gegen 1.822 Menschen wurden Haftbefehle ausgestellt. Suu Kyi und der ebenfalls gestürzte Präsident Win Myint waren am 1. Februar festgenommen worden.
Mittlerweile haben sich lokale Bürgerwehren gegründet, die sich mit teils selbstgebauten Waffen gegen die Junta verteidigen. Zudem haben einige der langjährigen Rebellengruppen ihre Angriffe gegen das Regime verschärft. Beobachter warnen vor einem landesweiten Bürgerkrieg.