Regensburg (epd). Seenotretter haben erleichtert auf die Zuweisung eines Hafens für das Rettungsschiff „Sea-Eye 4“ im Mittelmeer reagiert. In der Nacht zum Donnerstag haben die italienischen Behörden dem Schiff mit 415 Geretteten an Bord den Hafen in Pozallo auf Sizilien zugewiesen. Für die Migrantinnen und Migranten ende damit eine Tortur, sagte der Sea-Eye-Vorsitzende Gorden Isler dem Evangelischen Pressedienst (epd). Gleichzeitig kritisierte er, dass die Geretteten nicht in Palermo von Bord gehen durften,. „Dafür haben wir kein Verständnis“, sagte Isler.
Die „Sea-Eye 4“ hatte am Mittwoch die Gewässer vor Palermo erreicht. Dessen Bürgermeister Leoluca Orlando hatte den italienischen Behörden angeboten, die Geretteten in seinem Hafen zu empfangen. „Palermo ist bereit, sie aufzunehmen“, schrieb Orlanda am Mittwochabend bei Twitter. Um den Hafen von Pozallo zu erreichen, ist laut der Regensburger Organisation Sea-Eye, die das Schiff betreibt, eine zweitägige Reise nötig.
Unter den Geretteten an Bord sind nach Angaben von Sea-Eye 150 Minderjährige und drei schwangere Frauen. Die italienischen Behörden hätten nicht begründet, warum sie das Schiff nach Pozallo geschickt und die Einfahrt in Palermo verweigert haben, sagte Isler. Die „Sea-Eye 4“ werde Pozallo voraussichtlich am Freitagmorgen erreichen. In der Entscheidung der italienischen Behörden sieht er ein „politisches Signal an den Bürgermeister von Parlermo“. Rom wolle die Entscheidung über die Aufnahme von Geflüchteten nicht aus der Hand geben. Das sei eine „Retourkutsche auf dem Rücken der Menschen an Bord“.
Der Vorstandsvorsitzende von German Doctors, Harald Kischla, sagte dem epd, die Flüchtlinge und Migranten seien zum Teil in einer schlechten gesundheitlichen Verfassung. Am Mittwoch habe ein 25-jähriger Mann wegen eines Herzleidens vom Schiff evakuiert werden müssen. Zudem seien viele Menschen an Bord traumatisiert und seekrank, sagte Kischlat, dessen Organisation einen Arzt an Bord der „Sea-Eye 4“ hat. Manche Kinder nähmen nicht genug Nahrung auf. „Jeder Tag weniger auf See wäre sinnvoll gewesen.“
Die Flüchtlinge und Migranten waren in den vergangenen Tagen bei sechs Einsätzen im Mittelmeer gerettet worden, nachdem sie bei der Fahrt von Afrika nach Europa in Seenot geraten waren. Es war der erste Rettungseinsatz des neuen Schiffes „Sea-Eye 4“. Wie auch die „Sea-Watch 4“ der gleichnamigen Organisation wird die „Sea-Eye 4“ vom Bündnis United4Rescue unterstützt, das unter anderem von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) getragen wird.
Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration sind seit Beginn des Jahres mindestens 685 Migrantinnen und Migranten bei dem Versuch gestorben, das Mittelmeer zu überqueren.