Sprachwissenschaftler: Gendern ist männerfeindlich

Sprachwissenschaftler: Gendern ist männerfeindlich
05.03.2021
epd
epd-Gespräch: Martina Schwager

Braunschweig (epd). Der Braunschweiger Sprachwissenschaftler Martin Neef hält das Gendern für problematisch. Die Verwendung des sogenannten Binnen-I für die weibliche Form eines Wortes oder des Gender-Sterns für alle Geschlechter sei politisch motiviert, sagte Neef in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Es wird von gewissen Kreisen sehr erfolgreich gefördert. Und wenn man nicht gendert, kann man so verstanden werden, dass man nicht für Gleichberechtigung ist." Er selbst setze sich sehr wohl für Gleichberechtigung ein, halte aber Gender-Stern und Binnen-I für männerfeindlich.

Das Wort "Teilnehmerin" etwa bezeichne eine Frau, erläuterte Neef: "Und wenn ich einen Stern einbaue oder einen Buchstaben großschreibe, bleibt es immer noch 'Teilnehmer*in' oder 'TeilnehmerIn', also eine Frau. Damit sind also strukturell nur Frauen gemeint, weder Männer noch Diverse."

Früher war die deutsche Sprache Neef zufolge geschlechtergerecht, auch ohne zu gendern. Heute aber lerne jeder in der Schule, dass Geschlecht und die grammatische Kategorie Genus dasselbe seien. "Das ist mitnichten so. Jedes Substantiv hat ein Genus, ist also maskulinum, femininum oder neutrum, etwa der Mund, die Nase oder das Auge. Mit dem menschlichen Geschlecht, das nur konkreten Personen zu eigen sein kann, hat das aber nichts zu tun. Die Genera der Sprache sind grammatische Kategorien, abstrakte Größen."

Mit dieser Erkenntnis spräche nichts dagegen, Wörter wie zum Beispiel "Teilnehmer", aber auch "Arzt", "Student" oder "Lehrer" für alle Geschlechter zu benutzen, also auch für Menschen des Geschlechts divers, betonte der Experte: "Dann bräuchte niemand den Genderstern." Weil sich aber in der Vergangenheit die "-in-Formen" durchgesetzt hätten, habe sich daraus die Notwendigkeit ergeben, für das dritte Geschlecht eine neue Form zu erfinden.

Neef selbst lehnt das Gendern aber nicht kategorisch ab: "Wenn ich eine Frau vor mir habe, spreche ich sie natürlich als Journalistin an." Wenn er Vorträge übers Gendern halte, sage er schon mal "Liebe Anwesende". "Ich möchte ja als respektvoll wahrgenommen werden und alle Menschen respektvoll ansprechen. Eine Form wie 'Teilnehmer*in' ist für mein Empfinden aber nicht respektvoll."