Frankfurt a.M., Naypyidaw (epd). In Myanmar hat die Militärführung versucht, aufgekommene Putschgerüchte zu entkräften. In einer Stellungnahme vom Samstag erklärten das Oberkommando der Streitkräfte, als "bewaffnete Organisation" müsse man sich an die Verfassung von 2008 halten. Die Verfassung sei "die Mutter aller Gesetze". Die Reaktion erfolgte, nachdem sich UN-Generalsekretär Antonio Guterres sowie diplomatische Vertretungen vorwiegend westlicher Staaten am Freitag alarmiert über die politischen Spannungen gezeigt und gefordert hatten, alle Beteiligten müssten sich an demokratische Normen halten.
Den Spekulationen über einen möglichen Militärputsch gingen Beschwerden über das Ergebnis der Parlamentswahlen von Anfang November voraus. Diese hatte die Partei "Nationale Liga für Demokratie" von Aung San Suu Kyi klar gewonnen. Unterlegene Konkurrenten, darunter auch die militärtreue USDP, sprechen jedoch von Wahlbetrug. Die Wahlkommission hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Eine Sitzung des neuen Parlaments, das ursprünglich am Montag zusammenkommen sollte, wird voraussichtlich um einen Tag verschoben.
Mitte der Woche war Myanmars Armeechef Min Aung Hlaing mit Äußerungen zitiert worden, die aktuelle Verfassung könne außer Kraft gesetzt werden, wenn sie nicht eingehalten werde. Dies habe er mit Blick auf die Staatsstreiche von 1962 und 1988 gesagt. Auch ein Sprecher der Armee wollte laut dem Sender "Radio Free Asia" einen Putsch nicht ausschließen.
In der am Samstag veröffentlichten Erklärung beschuldigte das Büro des Oberbefehlshabers nun Medien und andere Organisationen, die Worte des Armeechefs falsch interpretiert zu haben. Min Aung Hlaing, der voraussichtlich im Juni als Armeechef in den Ruhestand gehen wird, werden politische Ambitionen nachgesagt.
Die Armee hat in Myanmar auch zehn Jahre nach der politischen Öffnung dominierende Stellung in dem mehrheitlich buddhistischen Land. Die jetzige Verfassung, die auf Geheiß der früheren Junta ausgearbeitet worden war, garantiert den Militärs unabhängig von Wahlen ein Viertel der Parlamentssitze. Damit haben diese ein Vetorecht bei allen wesentlichen Entscheidungen. Zudem kontrollieren die Streitkräfte die drei Schlüsselministerien Inneres, Verteidigung und Grenzschutz.