Abschied vom Klingelbeutel

Kollekte digital oder im klingelbeutel
© epd-bild/Gerold Meppelink
Die kurhessische Landeskirche schafft den Klingelbeutel ab. Dadurch sollen Verwaltungs- und Bankkosten eingespart werden.
Abschied vom Klingelbeutel
Neue Kollektenordnung der EKKW vereinfacht Spendensammeln
Die kurhessische Landeskirche schafft den Klingelbeutel ab. Grund ist nicht etwa eine neue Hygienebestimmung wegen der Corona-Pandemie, sondern schlicht eine neue Kollektenordnung, die zum 1. Januar 2021 in Kraft tritt.
07.01.2021
epd
Christian Prüfer

Mit der Einführung der neuen Ordnung sollen das bisherige System des Sammelns von Spenden im Gottesdienst vereinfacht und die Verwaltungskosten reduziert werden. Die Einführung war bereits 2015 von der Synode beschlossen worden.

Bisher gab es in der Regel den Klingelbeutel während des Gottesdienstes, meist während des Liedes vor der Predigt, und die Kollekte am Ausgang. Beide Sammlungen waren in der Regel für je unterschiedliche Empfänger bestimmt. Diese waren in einer Kollektenordnung festgeschrieben. Das erforderte unterschiedliche Zählungen und Überweisungen, was immer mehr auch zusätzliche Kosten und Arbeit verursachte, erläutert Lars Hillebold, Referatsleiter Gottesdienst, Kirchenmusik und Generalia der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW). Bekannterweise nehmen Banken Kleingeld nur noch ungern an und lassen sich das Zählen mit der Zählmaschine bezahlen. Auch Überweisungen sind mit Kosten verbunden.

Entscheidung liegt bei Gemeinde

Nun soll künftig erst einmal alles im Gottesdienst gesammelte Geld in einen Topf fließen. Klingelbeutel und Kollekte, sofern sie beide weiter verwendet werden, würden daher einem identischen Zweck dienen. Da mache es natürlich wenig Sinn, gleich zweimal für denselben Zweck im Gottesdienst zu sammeln, erläutert Hillebold. Aber die Entscheidung, ob der Klingelbeutel deshalb wegfällt, liegt natürlich bei der Gemeinde. Es gebe bereits einige Gemeinden, die den Klingelbeutel sowieso schon abgeschafft hätten und Hillebold schätzt: "Ich gehe davon aus, dass die meisten Kirchengemeinden den Klingelbeutel abschaffen werden".

Über 85 Prozent der eingesammelten Spenden kann nun die jeweilige Kirchengemeinde frei verfügen. Das Geld kann für eigene Vorhaben, aber auch für überregionale Aufgaben verwendet werden. Dies entscheidet der Kirchenvorstand. Für überregionale Aufgaben hält die Landeskirche Empfehlungen als Hilfestellung bereit. Wer sein Geld lieber ausschließlich für die eigene Gemeinde spenden will, kann dies mit einer direkten Überweisung an die Gemeinde tun.

Gerechtere Aufteilung möglich

15 Prozent der Kollekteneinnahmen gehen an das Landeskirchenamt und werden von dort an Empfänger verteilt, die sich wie bisher um eine Aufnahme in eine Liste bewerben müssen. Insgesamt könne das Geld so gerechter unter den Empfängern aufgeteilt werden, weist Hillebold auf einen weiteren Effekt der Neuordnung hin. Denn die bisherige Praxis, die Kollekte an einem bestimmten Sonntag einem bestimmten Projekt zu widmen, hatte zur Folge, dass die Einnahmen stark vom Gottesdienstbesuch abhingen. Einnahmestarke Sonntage wechselten mit weniger starken ab. Je nachdem an welchen Sonntag für welchen Empfänger gesammelt wurde, kam dieser besser oder schlechter weg als die "Konkurrenz".

Allerdings wird den Gemeinden das Feld der Kollekten aber nicht komplett überlassen. So wird es künftig pro Jahr zehn Pflichtkollekten geben, deren Erlös an zuvor festgelegte Empfänger geht. Auch die zehn Sonntage, an denen diese besonderen Kollekten gesammelt werden, stehen fest. Zu den Pflichtkollekten gehört etwa die Kollekte für "Brot für die Welt" am ersten Adventssonntag oder die Kollekte für den Verein Ausbildungshilfe bei Konfirmationsgottesdiensten.

Die 15 Prozent der Einnahmen, die das Landeskirchenamt verteilt, müssen übrigens erst zum Jahreswechsel an die Landeskirche überwiesen werden. Alles in allem bekommen die Kirchenvorstände der Gemeinden somit mehr Gestaltungsfreiraum für die Verwendung der Kollekten. Und sparen zudem noch Verwaltungs- und Bankkosten.