TV-Tipp: "Liebe ist unberechenbar"

Altmodischer Fernseher vor einer Wand
Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Liebe ist unberechenbar"
15.1., ARD, 20.15 Uhr
Die Konstellation dieser sympathischen romantischen Komödie erinnert an die ganz ähnliche konzipierte Freitagsfilmromanze "Pohlmann und die Zeit der Wünsche", die die ARD im Dezember ausgestrahlt hat. Dort ging es um einen schwerreichen Architekten, der sich in eine alleinerziehende Kioskbetreiberin verliebte.

Hier sorgt das Drehbuch dafür, dass sich der Lebensweg eines etwas weltfremden Mathematikers (Heino Ferch) mit dem einer Kellnerin (Tanja Wedhorn) kreuzt. Damit die beiden zueinander finden, bedient sich Drehbuchautor Jörg Lühdorff eines nicht wirklich überzeugenden, innerhalb der Geschichte jedoch durchaus plausiblen Einfalls: Judith arbeitet im Campus-Café der Berliner Universität, hat ein Verhältnis mit dem Leiter der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit und wohnt im nichtsanierten Teil eines Uni-eigenen Gebäudes.

Als ihr die Wohnung gekündigt wird, weil sie saniert und anschließend nur noch an Universitätspersonal vermietet werden soll, hat Stefan (Knut Berger) eine Idee: Da dem Studiengang Mathematik der Nachwuchs ausgeht, soll Judith die Berliner Grundschüler gemeinsam mit Professor Damovsky für Mathe begeistern; dann wäre sie Angestellte der Uni und könnte in der Wohnung bleiben. Was in der Theorie wie eine gute Idee klingt, lässt sich in der Praxis nur schwer umsetzen, und das gar nicht mal so sehr, weil die Kellnerin Mathe immer gehasst hat. Der Professor bekommt Panikattacken, wenn er sich unters Volk mischen soll, und "Volk" heißt für ihn: mehr als zwei Personen, die er nicht kennt.

Tatsächlich gelingt es dem Mathematiker, die Kellnerin ohne Abitur für die Magie der Zahlen zu begeistern. Wie die beiden versuchen, das Projekt allen Widrigkeiten zum Trotz gemeinsam zu stemmen, wie Damovksy in der Gesellschaft der aus seiner Sicht eigentlich viel zu lauten und viel zu bunten Kellnerin aufblüht, und wie Stefan, dessen Gefühle von Judith nur bedingt erwidert werden, mit Argwohn beobachtet, dass das ungleiche Paar gegenseitige Sympathien entwickelt: Das ist mit viel Liebe zum Detail und zu den Figuren ausgedacht, wunderbar gespielt (Wedhorn und Ferch standen schon für die 2020 im „Ersten“ ausgestrahlten romantischen Komödie "Liebe verjährt nicht" als Liebespaar vor der Kamera) und von Regisseur Ingo Rasper angemessen fröhlich umgesetzt; zumindest zunächst. Dann jedoch legt sich ein Schatten über das zarte Glück, denn Lühdorff, der zuletzt für die ARD das Versicherungsdrama "Verunsichert - Alles Gute für die Zukunft" geschrieben hat, führt eine weitere Figur ein. Sie ist der Grund dafür, warum der Mathematiker gleichermaßen genial wie verkorkst ist: Er leidet schon sein ganzes Leben unter einem Vater, dem der Neurotiker bereits als Kind peinlich war.

Für den im September 2020 verstorbenen großen Komödianten Michael Gwisdek – "Liebe ist unberechenbar" war sein letzter Film – ist der Alte auf den ersten Blick eine Paraderolle, die sich jedoch zunehmend ambivalent entwickelt: Franz Damovsky ist von Beruf Komiker. Seine große Zeit liegt zwar lange zurück, aber die Menschen haben ihn nicht vergessen. Allerdings ist er auch ein notorischer Querulant, der zudem eine fatale Vorliebe für Alkohol hat. Als er wieder mal ein Seniorenheim verlassen muss, bleibt dem Sohn nichts anderes übrig, als den Vater bei sich aufzunehmen. Der gewiefte Stefan wittert sogleich die Chance, noch mehr Aufmerksamkeit für sein Mathe-Projekt zu bekommen. Als geborene Rampensau lässt sich Franz nicht lange bitten, doch der Auftritt vor versammelter Presse gerät zum PR-Desaster. Nun ist alles aus: Die Dekanin beendet das Projekt, Judith wird ausziehen müssen, und Stefan überredet sie, mit ihm nach England zu kommen.

Wie in allen Filmen dieser Art muss sich der Professor am Ende seiner Phobie stellen, um die Geschichte doch noch zu einem guten Ende zu bringen. Lühdorffs Schluss mag an die Happy Ends diverser großer Kinoromanzen erinnern, aber Rasper hat auch die lange Flughafenszene sehr schön inszeniert. Der Regisseur hat für die ARD-Tochter Degeto bereits einige ausnahmslos sehenswerte Freitagskomödien gedreht, zuletzt unter anderem "Gloria, die schönste Kuh meiner Schwester" oder "Meine Nachbarn mit dem dicken Hund".

Kennzeichen seiner Filme ist neben der stets rundum positiven Lebenshaltung, die hier vor allem durch die muntere Musik von Martina Eisenreich vermittelt wird, die ausgezeichnete Arbeit mit seinen Schauspielern. Während Wedhorn den Fußballfan Judith mit großer Natürlichkeit und viel Verve verkörpert, legt Ferch seinen Professor konsequent als Kontrastfigur an: mit verspannter Körpersprache und verkniffener Mimik. Doch Damovsky kann auch anders: Der Mathematiker ist eine Koryphäe auf dem Gebiet der Rotationsturbulenztheorie und daher ein gefragter Experte für Windkraftoptimierung. Das verschafft dem Film gleich zum Auftakt ziemlich spektakuläre Bilder, als Ferch in luftiger Höhe auf einem Windrad herumklettert.