Bonn, Berlin (epd). Der Autor und Psychologe Ahmad Mansour sieht den Dialog der Politik mit den Islamverbänden in Deutschland kritisch. "Unsere Politiker sprechen mit denjenigen, die ein problematisches Islamverständnis haben", sagte Mansour am Dienstagabend bei einer Online-Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung. Wenn es um die Ausbildung von Imamen, den Betrieb von Moscheen oder die Zusammensetzung der Islamkonferenz gehe, verhandele die Politik vor allem mit konservativen Verbänden wie Ditib(Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion), dem Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) oder dem Zentralrat der Muslime.
Diese Akteure repräsentierten jedoch nur ein Viertel der in Deutschland lebenden Muslime. "75 Prozent sind also in der Debatte nicht sichtbar," kritisierte der Berliner Autor, der arabisch-israelische Wurzeln hat. Es sei ein Fehler, dem Islam kirchliche Strukturen aufzwingen zu wollen, sagte Mansour, der sich für Projekte gegen islamistische Radikalisierung engagiert. "Dann landet man bei den Konservativen." Die meisten Muslime in Deutschland lebten ihre Religion auf eine selbstbestimmte Art und Weise, die diese Verbände ablehnten.
Radikalisierung könne vor allem in den Schulen bekämpft werden, sagte Mansour. Dabei müsse vorbeugend gehandelt werden. Das Thema dürfe nicht erst dann aufgegriffen werden, wenn es Anlässe gebe wie die Ermordung eines französischen Lehrers durch einen Islamisten im Oktober. "Die Schule wird diesen Kampf nicht gewinnen, wenn sie erst auf zugespitzte Situationen reagiert."
Mansour sprach sich für eine Reform der Lehrerausbildung und der Lehrpläne aus, die der Realität eines Einwanderungslandes gerecht werde. So müsse es einen Wertkundeunterricht in den Schulen geben. Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch Medienkunde als Unterrichtsfach, um Schülern zu vermitteln, wie sie Fake News identifizieren könnten. Entscheidend für den Kampf gegen Radikalisierung sei auch die Fähigkeit, zu debattieren und Argumente auszutauschen.