Frankfurt a.M. (epd). Große Entwicklungsprojekte, die Konfliktregionen stabilisieren sollen, schaffen es nach Expertenmeinung zumeist nicht, die Gewalt zu verringern. Wenn der Staat keine Sicherheit biete, seien die Wohlfahrtsgewinne solcher Projekte oft zu gering, als dass die Bevölkerung den Rebellen gegenüber Widerstand leisten würde, selbst wenn eine neue Brücke oder ein Schulhaus winke, schreibt der Politologe Christoph Zürcher in einem Beitrag für das Frankfurter Magazin "welt-sichten" (Dezember/Januar). "Wer so etwas tut, läuft Gefahr, als Kollaborateur bestraft zu werden."
Zugleich versuchen die Aufständischen nach Zürchers Worten Projekte zu sabotieren, die die Zusammenarbeit zwischen Staat und Bevölkerung verbessern oder den Staat stärken könnten. Gemeinden oder Entwicklungshelfer würden bedroht, notfalls mit Gewalt. Bei anderen Projekten wollten Rebellen Hilfsgüter abgreifen oder Schutzgeld als eine Art Steuer erpressen, erläutert der Professor an der Universität Ottawa, der vor allem zu Afghanistan geforscht hat: "Dadurch wird der Aufstand indirekt gestärkt."
Hilfsorganisationen sollten sich deshalb zwar nicht aus unsicheren Gebieten zurückziehen, empfiehlt Zürcher: "Entwicklungsprojekte sollten aber von der Aufgabe, gewaltmindernd zu wirken, entlastet werden und sich darauf konzentrieren, auch in einem schwierigen Umfeld Armut zu bekämpfen." Er plädiert für kleinere Projekte zu Gesundheit und Sicherung der Lebensgrundlagen in Kooperation mit Dorfgemeinschaften.
Denn hinzu komme, dass Aufstandsbewegungen oft religiös oder ideologisch motiviert seien. Wer sich ihnen anschließe, tue dies aus Überzeugung. "Selbst wenn es gelänge, ausreichend legitime Erwerbsmöglichkeiten zu schaffen, würde das nicht notwendigerweise dazu führen, dass junge gewaltbereite Männer sich von Rebellen abwenden, um einer Erwerbsarbeit nachzugehen", gibt der Politologe zu bedenken.