Nordenham (epd). Der umstrittene Castortransport mit hochradioaktivem Atommüll aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield geht auf seine letzte Etappe zum Zwischenlager Biblis in Hessen. Ein mehrere hundert Meter langer Zug mit den sechs Behältern an Bord wurde am Dienstagnachmittag im Hafengelände von Nordenham zusammengestellt. Vor dem Start müsse noch rangiert werden, "das kann einige Stunden dauern", sagte eine Polizeisprecherin dem Evangelischen Pressdienst (epd). Außer den Spezialwaggons für die Castoren besteht der Zug aus mehreren Diesellokomotiven sowie Wagen für die Polizei und anderes Begleitpersonal.
Am Montagmorgen war das Frachtschiff "Pacific Grebe" mit den Castoren an Bord in der niedersächsischen Stadt an der Weser eingetroffen. Ein mobiler Kran hievte die Behälter auf Spezialwaggons, Sachverständige nahmen Radioaktivitätsmessungen an den tonnenschweren Containern vor. Zwischenfälle beim Umladen gab es der Polizei zufolge nicht.
Der Castor-Zug sollte zunächst auf einer überwiegend eingleisigen Strecke nach Hude bei Oldenburg fahren. Von dort sollte es entweder über Oldenburg, das Emsland und Westfalen oder über Bremen weiter Richtung Biblis gehen. Atomkraftgegner halten den Transport für gefährlich und unnötig, solange es in Deutschland noch kein Endlager gibt. Zusätzliche Risiken bestünden für die Bevölkerung und die Polizei durch die Corona-Pandemie.
Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) bemängelte am Dienstag, dass wieder einmal "hochgefährlicher Atommüll von A nach B transportiert" werde. "Ein Endlager für Atommüll ist weit und breit nicht in Sicht, dennoch wird auch noch weiterhin Atommüll in Atomkraftwerken und Uranfabriken produziert", sagte BBU-Vorstandsmitglied Udo Buchholz. "Demonstrationen gegen Atommüllverschiebereien sind und bleiben zwingend notwendig."
An mehreren Orten entlang der möglichen Transportstrecken haben Bürgerinitiativen Proteste angekündigt. Mahnwachen und Kundgebungen sollte es am Dienstagabend unter anderem in Bremen, Oldenburg, Göttingen, Münster, Köln und Biblis geben.
Nach Sellafield sowie in die französische Wiederaufarbeitungsfabrik La Hague wurden bis 2005 abgebrannte Spaltelemente aus deutschen Atomkraftwerken gebracht. Die Bundesrepublik ist zur Rücknahme des Atommülls verpflichtet. Der Castortransport wird von mehreren tausend Polizeibeamten geschützt. Nach Angaben der Einsatzleitung gilt für sie ein umfassendes Corona-Hygienekonzept.