Für die Handlung ist die Reminiszenz an alte Zeiten zwar keineswegs zwingend nötig, aber natürlich erhöht sie die Betroffenheit von Ballauf und Schenk (Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär). Die Ereignisse sind ohnehin kein Fall wie jeder andere, denn die afghanischen Geschwister Amina und Milad haben sich auf eine lebensgefährliche Form des Drogenschmuggels eingelassen: Vor ihrer Abreise schlucken die Kuriere Kondome mit Heroin. Das Rauschgift kommt auf diese Weise einer Zeitbombe gleich, denn sollte die Magensäure ein Säckchen zersetzen, ist das der sichere Tod. Den Bruder kostet die Aktion das Leben, seine Leiche wird in einem Bunker gefunden. Dort treffen kurz drauf völlig übernächtigt auch Schenk und Ballauf ein: Gemeinsam mit Freunden haben sie die Rückkehr von Lissys Mann Sebastian (Roeland Wiesnekker) gefeiert. Der Berufssoldat war sieben Monate als Dolmetscher in Afghanistan und Amina (Maryam Zaree), wie sich später rausstellt, seine Geliebte.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Schon allein diese Konstellation birgt besten Krimistoff, aber das Drehbuch von André Georgi ergänzt die Handlung um ein typisches Heimkehrerthema: Immer wieder machen kurze Erinnerungsschübe deutlich, dass Sebastian offensichtlich unter einem in Afghanistan erlittenen Trauma leidet. Seinen Kameraden geht es kaum besser: Matthias (Wanja Mues) hat der Einsatz einen Arm gekostet, Thomas (Godehard Giese) kehrt in eine von der Frau verlassene Wohnung zurück.
Gerade der Kölner "Tatort" hat ja eine lange Themenfilmtradition, die den Krimis nicht immer gut getan hat. Das ist diesmal völlig anders, die Afghanistan-Problematik drängt sich nie in den Vordergrund. Selbst eine Szene, in der ein Stiftungsvorsitzender über das Elend der Einheimischen doziert, ist integraler Bestandteil der Handlung, denn die Stiftung hat die Tickets der afghanischen Geschwister bezahlt, der Mann ist also hochgradig verdächtig und muss sich natürlich verteidigen. Andreas Kleinert hat für seine Umsetzung zudem einen Tonfall gefunden, der die Qualität des Drehbuchs noch betont. Das gilt vor allem für den Umgang mit der humoristischen Ebene. Selbst die bitteren Dramen des Regisseurs ("Mein Vater", "Freischwimmer") haben ja gern eine mindestens skurrile Note. In "Fette Hunde" gibt es gleichfalls solche Momente, die Kleinert aber sehr subtil inszeniert. Alles andere wäre auch unpassend gewesen, und das nicht nur wegen des Inhalts: Vor allem der parallel erzählte Einstieg ist ungemein dicht und berührend, auch die Bildgestaltung gerade der Nachtszenen (Kamera: Johann Feindt) ist ausgezeichnet. Nicht zuletzt dank der vielen Außenaufnahmen wirkt der optische Aufwand ohnehin bemerkenswert, selbst wenn der "Tatort" die Stadt Köln von ihren weniger schönen Seiten zeigt. Dass eine derartige Geschichte kein fröhliches Happy End haben kann, versteht sich fast von selbst.