Berlin, São Paulo (epd). Die Gewalt gegen Ureinwohner in Brasilien hat unter Präsident Jair Bolsonaro massiv zugenommen. Der Indianermissionsrat Cimi spricht in einem am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten Bericht von einer Tragödie, die für die Ureinwohner traurige Realität geworden sei. Fälle von Landraub, illegalem Eindringen in Schutzgebiete und die Enteignung indigener Gebiete seien stark gestiegen. 113 Ureinwohner wurden demnach getötet. Gleichzeitig komme die Regierung ihrem in der Verfassung verankerten Auftrag zum Schutz der indigenen Bevölkerung nicht nach.
So habe sich die Zahl der Invasionen in indigene Gebiete 2019 mit 256 registrierten Fällen im Vergleich zu 2018 (109 registrierte Fälle) mehr als verdoppelt. In diesem Zusammenhang hat sich 2019 auch die physische Gewalt gegen Ureinwohner (276 registrierte Fälle) im Vergleich zum Vorjahr (110 registrierte Fälle) mehr als verdoppelt. Die meisten Gewaltverbrechen sind nicht aufgeklärt. Am stärksten betroffen sind die Ureinwohner der Amazonas-Bundesstaaten Mato Grosso do Sul und Roraima.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker warnte vor den verheerenden Folgen. "Diese Invasionen bedeuten nicht nur eine Entrechtung der Indigenen", sagte Referentin Juliana Miyazaki. "Sie stehen fast immer mit massiver Umweltzerstörung in Zusammenhang."
Cimi weist darauf hin, dass Brandlegungen häufig wesentliches Element eines kriminellen Landraubschemas seien. Mit der "Säuberung" ausgedehnter Waldflächen würden diese in Weideland für Agrarunternehmer umgewandelt. "Die Invasoren fällen die Bäume, verkaufen das Holz, setzen das Gestrüpp in Brand, legen Weiden an, zäunen sie ein und bringen schließlich Rinder auf diese 'gesäuberten' Gebiete und pflanzen später dort Soja oder Mais", heißt es in dem Bericht. Bolsonaro hat bereits vor seiner Wahl angekündigt, Gebiete der Ureinwohner für Bergbau, Rinderzucht und Landwirtschaft freigeben zu wollen.
Der Report zeigt auf, dass es 2019 in 16 der 19 darin aufgestellten Gewalt-Kategorien eine Zunahme gab. In der Kategorie "Gewalt durch Untätigkeit der Behörden" wurden 267 Fälle registriert. Besonders besorgniserregend ist die Zunahme der Kindersterblichkeit (Kinder bis fünf Jahre) in den indianischen Gebieten, die auf 825 Fälle im Jahr 2019 gestiegen ist (2018: 591 Fälle). Cimi weist darauf hin, dass die offiziellen Daten nicht vollständig und deshalb die Fälle von Kindersterblichkeit wahrscheinlich weitaus höher seien.
epd suk/lnb nam