Berlin (epd). Das Bürgerkriegsland Jemen steht nach Angaben der Vereinten Nationen am Rand einer Hungersnot. Aber aus Geldnot müssen Hilfslieferungen gekürzt werden, und die Hilfe wird durch bürokratische Hürden behindert, wie das Welternährungsprogramm (WFP) am Mittwoch in Berlin mitteilte. Der kriegerische Konflikt im Jemen sei an mehr als 40 Fronten eskaliert, die Kosten für Grundnahrungsmittel seien höher als je zuvor und die Währung habe allein dieses Jahr 25 Prozent ihres Wertes verloren. Zudem erschwerten die Schließung des Flughafens von Sanaa und der Mangel an Treibstoff die Hilfe, auch für Kliniken und Wasseraufbereitungsanlagen.
"Der Jemen ist eine menschengemachte Krise und es gibt eine menschengemachte Lösung. Wir brauchen Zugang, Finanzierung und letztlich Frieden", sagte WFP-Exekutivdirektor David Beasley. "2018 haben wir den Jemen vor einer Hungersnot bewahrt. Das können wir wieder tun, wenn wir die Mittel und den Zugang erhalten." Den dringenden Finanzbedarf für die kommenden sechs Monate beziffert die UN-Organisation auf mehr als 500 Millionen US-Dollar, davon 150 Millionen bis zum Jahresende. Falls die internationale Gemeinschaft keine zusätzlichen Mittel bereitstelle, drohten weitere Kürzungen der Ernährungshilfe.
Mehr als 20 Millionen Menschen im Jemen könnten sich derzeit nicht ausreichend ernähren, 13 Millionen seien täglich auf Hilfe angewiesen, erläuterte das WFP. Weitere drei Millionen Menschen seien von Hunger bedroht, weil das Coronavirus sich unkontrolliert ausbreite. Aus Geldmangel hätten aber in den vergangenen sechs Monaten Familien in den von der Huthi-Führung in Sanaa kontrollierten Gebieten nur jeden zweiten Monat Nahrungsmittelhilfe bekommen. Dort hätten nun 43 Prozent der Menschen zu wenig zu essen.
Die fünf größten Geber für WFP-Hilfen im Jemen 2020 sind aktuell die USA (272 Millionen Dollar), Saudi-Arabien (138 Millionen), Deutschland (103 Millionen) und Großbritannien (40 Millionen). Für dieses Jahr hatte das WFP um 2,5 Milliarden Dollar für den Jemen gebeten.
In dem Bürgerkrieg in dem arabischen Land wurden seit 2015 mehr als 100.000 Menschen getötet. Die Regierung wird von einer Militärkoalition unter Führung Saudi-Arabiens unterstützt, während die Huthi-Rebellen in Sanaa Hilfe aus dem Iran erhalten. Friedensbemühungen der Vereinten Nationen blieben bislang ohne Erfolg. Eine von Saudi-Arabien im Frühjahr wegen der Corona-Pandemie verkündete einseitige Waffenruhe hatte nur kurz Bestand. Bis Mittwoch wurden im Jemen offiziell mehr als 2.000 Corona-Infektionen und fast 600 Corona-Tote gemeldet.