Ein Leben für die Versöhnung von Christen und Juden

Theologe Hermann Maas
© Stadtarchiv Heidelberg
Theologe Hermann Maas beim Schreiben eines Briefes – eine Tätigkeit, mit der er zeitlebens sehr viel Zeit verbracht hat.
Ein Leben für die Versöhnung von Christen und Juden
Vor 50 Jahren starb der evangelische Theologe Hermann Maas
Der Heidelberger Pfarrer Hermann Maas verhalf unzähligen verfolgten Juden unter Einsatz seines Lebens zur Emigration. Zeit seines Lebens setzte er sich für die Versöhnung zwischen Völkern und Religionen ein. Am 27. September jährt sich sein Todestag zum 50. Mal.
26.09.2020
epd
Christine Süß-Demuth

Der evangelische Theologe Hermann Maas (1877-1970) war ein Brückenbauer zwischen Christen und Juden. Wegen seines Einsatzes für die Versöhnung mit den Juden wurde er von den Nationalsozialisten mit Berufsverboten belegt und gezwungen, auf die Predigttätigkeit zu verzichten. Als Seelsorger verhalf er unter Einsatz seines Lebens unzähligen verfolgten Juden zur Emigration. So ermöglichte er rund 900 Kindern und Jugendlichen die Flucht vor den Nazis nach England und Israel. Am 27. September jährt sich der Todestag des Heidelberger Pfarrers und badischen Prälaten zum 50. Mal.

In einer Pfarrersfamilie im badischen Gengenbach geboren, wuchs Hermann Maas in einer bürgerlichen und religiös liberalen Gemeinde auf. Er studierte Theologie in Halle, Straßburg und Heidelberg. Ab 1915 war er Pfarrer an der Heiliggeistkirche in Heidelberg. Seit seiner Jugend fühlte er sich der jüdischen Religion eng verbunden, lernte Hebräisch und ist mit der jüdischen Kultur vertraut. Auch nach der nationalsozialistischen Machtübernahme besuchte er weiter Synagogen.

Predigtverbot und Zwangsarbeit

Bei einer Studienreise nach Palästina suchte Maas nach Fluchtmöglichkeiten für die in Deutschland verfolgten Juden. Daraus entwickelte sich das Internationale kirchliche Hilfskomitee für deutsche Flüchtlinge. 1934 trat Maas dem Pfarrernotbund bei und war 1938 an der Gründung der "Kirchlichen Hilfsstelle für evangelische Nichtarier" (Büro Pfarrer Grüber) beteiligt. Als Leiter der Zweigstelle in Baden half er nicht nur Christen jüdischer Herkunft, sondern allen verfolgten Juden.

Auf Drängen der Gestapo wurde er 1943 von der Landeskirche seines Amtes enthoben, er durfte keine Kanzel mehr betreten und nicht mehr Religionsunterricht erteilen. Im Alter von 67 Jahren wurde er 1944 - ein Jahr vor Kriegsende - zur Zwangsarbeit ins elsässische Belfort abtransportiert. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war er wieder Pfarrer an der Heiliggeistkirche, 1946 erfolgte die Ernennung zum Prälaten für den Kirchenkreis Nordbaden. 1950 wurde Maas als erster christlicher Deutscher offiziell vom Staat Israel eingeladen. 1967 wurde ihm die Yad-Vashem-Medaillle in Jerusalem verliehen.

Pionier der Ökumene

Sein Engagement für die Kirche, für einzelne Menschen und für die Gesellschaft sei vorbildhaft, würdigt ihn der Hermann-Maas-Freundeskreis. Für ihn seien Christsein und Einmischung in politische Verhältnisse nicht voneinander zu trennen. Er habe sich eingesetzt für die Verständigung zwischen den Völkern, Konfessionen und Religionen.

###galerie|170674|Geistliche in den Konzentrationslagern der Nazis###

Maas war ein früher Pionier der ökumenischen Bewegung, die sich für den Frieden zwischen Kirchen und Völkern einsetzte, sagt der Theologe Professor Jörg Thierfelder. Maas führte einen intensiven Briefwechsel mit prominenten Zeitgenossen, etwa mit dem Religionsphilosophen Martin Buber, dem damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss oder dem Religionswissenschaftler und Journalisten Shalom Ben-Chorin. Immer wieder beklagte er in Briefen an jüdische Freunde antisemitische und antijudaistische Tendenzen in Deutschland.

Jüdische Wurzeln reflektieren

Für die Landeskirche sei er eine unbequeme Person gewesen, schreibt Markus Geiger in seiner Dissertation "Hermann Maas - eine Liebe zum Judentum". Schließlich habe er heimlich jüdische Mitbürger getauft und regelmäßig in der Heidelberger Synagoge gepredigt, weshalb er als "Judenpfarrer" geschmäht wurde.

Eine "tiefe Liebe zum Judentum und zum Volk Israel" habe den evangelischen Pfarrer geprägt, sagt die badische Oberkirchenrätin Cornelia Weber. Sein waches Gewissen habe ihn bei sozialer, politischer, aber auch kirchlicher Ungerechtigkeit einschreiten lassen. Er fordere Christen heraus, die jüdischen Wurzeln des christlichen Glaubens immer wieder neu zu reflektieren. Das bedeute etwa, sich an die Seite der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu stellen, wenn sie angegriffen würden.