TV-Tipp: "Käthe und ich: Papakind"

Altmodischer Fernseher vor einer Wand
© Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Käthe und ich: Papakind"
18. September, ARD, 20.15 Uhr
Der Freitagabend im "Ersten" soll beschwingt ins Wochenende einläuten, weshalb die Stoffe in der Regel nicht allzu dramatisch sind. An dieser Vorgabe gemessen geht’s in der Filmreihe "Käthe und ich" ungewohnt ernst zu.

Für die insgesamt vierte Episode, "Papakind", gilt das womöglich noch mehr, denn die Reihenschöpferin Brigitte Müller erzählt von lauter Abschieden; zum Teil für immer. Philipp Osthus, der bislang alle Folgen inszeniert hat, findet den perfekten Tonfall für das Melodram. Kleine Einschübe sorgen zwar für heitere Momente, aber im Grunde ist die Geschichte in gleich mehrfacher Hinsicht ganz schön traurig, selbst wenn der gefällige Vorspann das gewohnte Wohlfühlfernsehen signalisiert. Schon der Prolog ist ungewöhnt düster: Ein kleines Mädchen nimmt auf dem Heimweg von der Schule eine Abkürzung. Die Kameraführung signalisiert Gefahr: Offenbar wird das Kind von einem Triebtäter verfolgt. Tatsächlich handelt es sich um den Vater, der seiner zehnjährigen Tochter klar machen will, warum sie nicht allein durch den Wald gehen soll.

Dieser Einstieg entpuppt sich kurz drauf als Rückblende. Ein Jahr später liegt Alexander (Arndt Schwering-Sohnrey) todkrank im Krankenhaus. Bevor er stirbt, möchte er sich von Emma (Martha Haberland) verabschieden. Er hat keinen Kontakt mehr zu seiner Tochter, seit er seine Frau verlassen hat. Die Trennung hat Hannah (Anna Grisebach) derart zugesetzt, dass auch Emma aus Solidarität mit der Mutter nichts mehr mit dem Vater zu tun haben will. Krankenpflegerin Möller (Mariele Millowitsch) bittet Paul (Christoph Schechinger), mit Hilfe seines Therapiehundes Käthe zwischen Alexander und seiner Tochter zu vermitteln, aber das Mädchen weigert sich strikt, den Vater zu besuchen. Der Psychologe ahnt, dass der Weg zu Emma nur über Hannah führt: Erst wenn die Mutter dem Mann verzeiht, kann auch die Tochter ihren Frieden mit dem Vater schließen; Liebe kennt keine Abkürzung.

Ähnlich wie in ihrer Reihe "Eifelpraxis" verknüpft Müller diese berufliche Ebene schlüssig mit dem Privatleben der Hauptfigur. Hier geht es ähnlich dramatisch zu: Pauls Frau Erina (Nadja Bobyleva), eine einstmals gefeierte Primaballerina, sitzt seit einem Autounfall im Rollstuhl; sie wird nie wieder tanzen können und hat sich äußerlich wie innerlich komplett aus der Welt zurückgezogen. Ihre Depression hat aber noch einen zweiten Grund: Seit dem Unfall kann sie keine Kinder mehr bekommen. Es bricht ihr das Herz, wenn sie Paul dabei beobachtet, wie er mit Käthe, Emma und der Tochter seiner besten Freundin Jule (Mona Pirzad) spielt.

Angesichts dieser beiden traurigen Geschichten wirken die wenigen heiteren Momente fast wie Fremdkörper, aber erneut zeigt sich Müllers dramaturgisches Geschick, zumal Osthus auch hier den richtigen Ton findet: Jule und ihr Mann Aaron (Ben Braun) haben eine Tierarztpraxis. Sprechstundenhilfe Jasmina (Anna Hausburg) ist unsterblich in Aaron verliebt, aber der erlebt mit Jule gerade einen zweiten Ehefrühling. Jasmina lässt ihrer Leidenschaft in einem Internet-Fortsetzungsroman freien Lauf. Osthus hat diese Szenen derart kitschig und übertrieben im Stil einer Telenovela inszeniert, dass sie wie eine Parodie wirken. Trotzdem trägt auch diese Ebene ihren Teil zum Generalthema des Films bei: Fast alle Figuren leiden auf die eine oder andere Weise unter Liebeskummer.

Großes Lob gebührt dem Regisseur auch für die Arbeit mit den Schauspielern. Dass die Erwachsenen ihr Handwerk verstehen, darf zwar vorausgesetzt werden, ist aber nicht selbstverständlich. Gerade bei Paul und Erina stand Osthus vor der Herausforderung, wie er die inneren Konflikte vermittelt, obwohl der Psychologe stets die Ruhe selbst zu sein scheint und der frühere Ballett-Star seine Gefühle hinter einem fast maskenhaft erstarrten Gesicht verbirgt; Schechinger und Bobyleva spielen das vorzüglich. Das gilt erst recht für die von Osthus ausgezeichnet geführte Martha Haberland. Ihr Spiel hat maßgeblichen Anteil daran, dass der Film funktioniert, weil sie die fröhliche Emma in den Rückblenden ebenso glaubwürdig verkörpert wie das verbissene Kind, für das der Vater bereits zu dessen Lebzeiten gestorben ist. Erneut jederzeit überzeugend ist auch das Zusammenspiel von Schechinger und dem Hund. Umso bedauerlicher, dass es dem Australian Shepherd Hoonah ähnlich ergeht wie den meisten Artgenossen: Um Käthes Fähigkeit zur Empathie zu unterstreichen, ist dem Tier bei der Tonbearbeitung viel zu oft ein Jaulen ins Maul gelegt worden.