Berlin (epd). Beim Videostreaming per Handy werden deutlich mehr Treibhausgase erzeugt als beim Anschauen von Online-Filmen und Serien über den kabelgebundenen Breitbandanschluss oder das Glasfasernetz zu Hause. Das geht aus einer Studie hervor, die Umweltbundesamt und Bundesumweltministerium am Donnerstag vorstellten. Demnach ist Glasfaser die klimafreundlichste Übertragungstechnik: Wenn der Stream über das Glasfasernetz geleitet wird, werden pro Stunde zwei Gramm CO2-Emissionen in die Luft geblasen. Beim Breitbandanschluss VDSL ist es etwa doppelt soviel. Am klimaschädlichsten ist demnach das alte 3G-Mobilfunknetz mit 90 Gramm CO2 pro Stunde Videostreaming. Das derzeit gängige 4G-Netz kommt auf rund 13 Gramm, das moderne 5G-Netz auf fünf Gramm.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) resümierte, klimaverträgliches Streaming sei möglich, "wenn man es richtig anstellt". Sie warb dabei für mehr öffentliche WLAN-Hotspots. Diese sollten aus Umweltsicht bevorzugt genutzt werden, da sie klimafreundlicher seien als Streaming im Mobilfunknetz. Im Alltag könne so jeder einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, lieber Breitband statt das Handy nutzen und sich zu Hause in sein WLAN einwählen. Bislang sei die Datenlage zur Klimawirkung digitaler Infrastruktur mangelhaft gewesen, sagte die Ministerin weiter. Die Digitalisierung brauche aber Leitplanken, wie sie umweltfreundlich gestaltet werden könne. Auch beim Energieverbrauch von Rechenzentren gebe es eine große Spannbreite, sagte Schulze. Sie will sich auch auf EU-Ebene für eine gemeinsame Positionierung für eine umweltfreundliche Digitalisierung einsetzen.
Umweltbundesamt-Präsident Dirk Messner forderte stärkere Investitionen in Glasfasernetze. Bislang hinkt Deutschland hier im Vergleich zu den meisten anderen europäischen Staaten weit hinterher. Messner sagte, die Digitalisierung schaffe neue wirtschaftliche Realitäten, verändere die Mobilitätssysteme, aber auch den Ressourcen- und Energieverbrauch. Er verwies darauf, dass immer mehr Menschen Cloud-Dienste nutzten. Mit Beginn der Corona-Pandemie habe sich die Nutzung von Streaming-Diensten und Cloud-Gaming von Februar bis März 2020 um 30 Prozent erhöht. Im März sei am weltweit größten Internetknoten in Frankfurt am Main ein Spitzenwert von 9,16 Terabit Datendurchsatz pro Sekunde gemessen worden. Das entspreche der gleichzeitigen Übertragung von mehr als zwei Millionen HD-Videos.
In der Studie wurde auch das Datenvolumen für verschiedene Video-Auflösungen untersucht. Demnach benötigte eine Übertragung in Ultra-HD-Auflösung auf dem TV die zehnfache Menge einer HD-Qualität, sieben Gigabyte pro Stunde statt 700 Megabyte pro Stunde. Die Verbraucher könnten daher auch CO2-Emissionen einsparen, indem ein Film mit einer geringeren Auflösung angesehen werde, hieß es. Für Geräte mit kleinem Display sei der Qualitätsunterschied für das menschliche Auge ohnehin nicht wahrnehmbar. Webseitenbetreiber sollte für Videos die Autoplay-Funktion standardmäßig auf "Aus" stellen, um Daten und CO2 zu sparen.