Köln (epd). Der evangelische Migrationsexperte Manfred Rekowski fordert nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria die Europäische Union und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zu einem Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik auf. Der EU sei es trotz vielfacher Warnungen, auch aus den Kirchen, nicht gelungen, "die Eskalation der menschenunwürdigen Situation in dem Lager zu verhindern", sagte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland am Donnerstagmorgen im WDR-Radio. "Jetzt ist Schluss. Jetzt ist Zeit zu handeln."
Rekowski, der auch Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, verwies auf einen Appell der 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland vom Mittwoch. "Wir erwarten vom Bundesminister des Innern, sich den Angeboten von Bundesländern und Kommunen, Geflüchtete aus den griechischen Lagern aufzunehmen, nicht länger zu widersetzen", zitierte er aus der gemeinsamen Position. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft müsse umgehend eine europäische Lösung für die Verteilung der Schutzsuchenden auf aufnahmebereite Länder finden.
"Versucht die Kirche hier Politik zu machen, wenn sie sich so deutlich zu Wort meldet? Sollte sie nicht lieber bei ihren Leisten bleiben?", griff Rekowski mögliche Kritik an der Positionierung der Kirchen auf. "Für mich ist klar: Wir dürfen keinen Menschen aufgeben. Wir dürfen niemanden sich selbst überlassen. Wir sind Lobbyisten der Menschlichkeit", betonte er.
In der Nacht zum Mittwoch hatte ein Feuer große Teile des mit mehr als 12.000 Menschen völlig überfüllten Lagers auf Lesbos verwüstet. Wie die offenbar mehreren Brände entstanden, war zunächst unklar. Berichte über Verletzte oder Tote lagen zunächst nicht vor. In der Nacht zum Donnerstag brachen in Moria weitere Feuer aus, wie der Einsatzleiter der Seenotrettungsorganisation "Mission Lifeline", Niklas Fischer, im ZDF-"Morgenmagazin" sagte. Das Lager liege jetzt "komplett in Schutt und Asche".