Berlin, Caracas (epd). Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, hat die Begnadigung von 110 Menschen durch Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro begrüßt. Die Maßnahme werde die Menschenrechtslage in dem krisengeschüttelten südamerikanischen Land verbessern, erklärte die Hochkommissarin am Dienstag in Genf.
Unter den Begnadigten seien politische Gefangene und Menschen im Exil, hielt die frühere chilenische Präsidentin Bachelet fest. Zu den Freigelassenen gehören auch die prominenten oppositionellen Abgeordneten Gilber Caro und Renzo Prieto, wie Angehörige der Tageszeitung "El Universal" bestätigten. Oppositionsführer Juan Guaidó sprach von einer "Freilassung von Geiseln" des Regimes von Maduro. Es gebe allerdings immer noch mehr als 100 politische Gefangene, die umgehend freigelassen werden müssten, schrieb Guaidó auf Twitter.
In Venezuela gibt es laut der Menschenrechtsorganisation Foro Penal 386 politische Gefangene (Stand 31. August). Darunter seien 28 Frauen, 127 Militärs und zwei Minderjährige. Die meisten der Inhaftierten befänden sich ohne ein Gerichtsverfahren in Haft. Nach einem UN-Bericht vom vergangenen Jahr werden viele venezolanische Häftlinge gefoltert und müssen etwa Stromstöße, simuliertes Ersticken mit Plastiktüten, Schläge und sexuelle Gewalt über sich ergehen lassen. Für die Folter werden in dem Bericht vor allem die Geheimdienste verantwortlich gemacht.
Parlamentspräsident Guaidó sprach von einer Farce des Regimes Maduro, um sich internationale Legitimität zu verschaffen. "Sie hätten niemals auch nur eine einzige Sekunde in dieser Hölle verbringen dürfen. Weder sie noch ihre Familien", schrieb Guaidó. In ersten Stellungnahmen berichteten Caro und Prieto von unmenschlichen Haftbedingungen in überfüllten Zellen und Repressalien.
In Venezuela tobt seit mehr als eineinhalb Jahren ein erbitterter Machtkampf zwischen Präsident Maduro und der Opposition. Parlamentspräsident Guaidó hat sich zum Interimsstaatschef ausgerufen und wird von mehr als 50 Staaten anerkannt. Wegen der schweren Wirtschaftskrise sind mehr als fünf Millionen Menschen aus Venezuela geflüchtet, die meisten davon in das Nachbarland Kolumbien. Inzwischen ist aber die Grenze aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen.
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