Berlin, Caracas (epd). Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro hat etwa 100 Gefangene begnadigt, darunter politische Gefangene, Abgeordnete und Journalisten. Zu den Freigelassenen gehören auch die prominenten oppositionellen Abgeordneten Gilber Caro und Renzo Prieto, wie die Angehörigen der Tageszeitung "El Universal" am Montagabend (Ortszeit) bestätigten. Oppositionsführer Juan Guaidó sprach von einer "Freilassung von Geiseln" des Regimes von Maduro. Es gebe immer noch mehr als 100 politische Gefangene, die umgehend freigelassen werden müssten, schrieb Guaidó auf Twitter.
In Venezuela gibt es laut der Organisation Foro Penal 386 politische Gefangene (Stand 31. August). Darunter seien 28 Frauen, 127 Militärs und zwei Minderjährige. Die meisten der Inhaftierten befinden sich ohne ein Gerichtsverfahren in Haft. Nach einem UN-Bericht vom vergangenen Jahr erleiden viele venezolanische Häftlinge Folter und Repressalien wie Stromstöße, simuliertes Ersticken mit Plastiktüten, Schläge und sexuelle Gewalt. Für Folter werden in dem Bericht vor allem die Geheimdienste verantwortlich gemacht.
Parlamentspräsident Guaidó sprach von einer Farce des Regimes Maduro, um sich internationale Legitimität zu verschaffen. "Sie hätten niemals auch nur eine einzige Sekunde in dieser Hölle verbringen dürfen. Weder sie noch ihre Familien", schrieb Guaidó. In ersten Stellungnahmen berichteten Caro und Prieto von unmenschlichen Haftbedingungen in überfüllten Zellen und Repressalien.
In Venezuela tobt seit mehr als eineinhalb Jahren ein erbitterter Machtkampf zwischen Präsident Maduro und der Opposition. Parlamentspräsident Guaidó hatte sich zum Interimsstaatschef ausgerufen und wird von mehr als 50 Staaten anerkannt. Wegen der schweren Wirtschaftskrise sind mehr als fünf Millionen Menschen aus Venezuela geflüchtet, die meisten davon in das Nachbarland Kolumbien. Inzwischen ist aber die Grenze aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen.