Statistik: Höchste Armutsgefährdung droht in Bremen

Statistik: Höchste Armutsgefährdung droht in Bremen
Forderung nach höherem Mindestlohn und Grundsicherung
Die Armutsgefährdungsquote ist nach neuen Daten
zwischen 2009 und 2019 in allen westlichen Bundesländern sowie in
Berlin gestiegen. Laut Statistischem Bundesamt bestand die höchste Gefahr der Verarmung in Bremen. Sozialverbände mahnten Reformen an.

Wiesbaden, Berlin (epd). In Bremen war 2019 fast ein Viertel (24,9 Prozent) der Bevölkerung armutsgefährdet, mehr als in jedem anderen Bundesland, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. 2009 hatte der Anteil der armutsgefährdeten Personen in Bremen gut ein Fünftel (20,1 Prozent) betragen. Sozialverbände mahnten dringend Reformen an. So forderte der VdK einen höheren Mindestlohn, um Armut zu vermeiden.

Weiter ist den Daten der Statistiker zu entnehmen, dass auch in Hessen (2019: 16,1 Prozent, 2009: 12,4 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (2019: 18,5 Prozent, 2009: 15,2 Prozent) das Risiko, von Einkommensarmut bedroht zu sein, vergleichsweise stark gestiegen ist. Eine Person gilt als armutsgefährdet, wenn ihr Nettoäquivalenzeinkommen weniger als 60 Prozent des nationalen Medianeinkommens beträgt.

In den östlichen Bundesländern mit Ausnahme von Berlin ist die Armutsgefährdungsquote im Zehn-Jahres-Vergleich dagegen zurückgegangen. 2019 waren in Berlin 19,3 Prozent der Einwohner von Armut bedroht, 2009 waren es 19,0 Prozent. Den bundesweit stärksten Rückgang verzeichnete Mecklenburg-Vorpommern, und zwar von 23,1 Prozent 2009 auf 19,4 Prozent im Jahr 2019.

Die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Amira Mohamed Ali, sagte, die Regierung versage auf der ganzen Linie. Die Statistik sei ein Armutszeugnis. "Leider überraschen diese Zahlen nicht, denn Union und SPD sind einfach nicht bereit, die notwendigen Schritte zu gehen, um Armut wirksam zu bekämpfen." Das sehe man etwa an der mehr als halbherzigen Mindestlohnerhöhung oder ihrer Weigerung, eine Kindergrundsicherung einzuführen.

VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte zu den Gründen für steigende Armutsgefährdung: "Für uns ist klar: Noch immer sind zu viele Menschen im Niedriglohnsektor beschäftigt und die Löhne zu niedrig." Deren Geld reiche bis zum Ende des Monats. Für die Rente vorsorgen könnten sie damit nicht. "Armut bekämpfen wir nur mit guten Löhnen, die zum Leben und für die Rente reichen. Deshalb fordern wir, den Mindestlohn anzuheben, und zwar auf 13 Euro", sagte Bentele.

Frank Johannes Hensel, Vorsitzender der LAG Freie Wohlfahrtspflege NRW, sagte mit Blick auf Nordrhein-Westfalen, hier sei die Armutsgefährdungsquote im Zehn-Jahres-Vergleich von 15,5 auf 18,5 Prozent gestiegen. Er fordert eine bessere Sozialpolitik, um insbesondere Armut von Kindern und Jugendlichen zu bekämpfen. Besonders armutsgefährdet seien Alleinerziehende, aber auch Familien mit vielen Kindern.

"Die Armut in Bayern bleibt ein Skandal", sagte AWO-Chef Thomas Beyer. Die Daten des Bundesamtes machten deutlich, dass die Armut im reichen Bayern gestiegen sei.