Bundesverfassungsgericht: Streikaufruf auf Amazon-Parkplatz erlaubt

Bundesverfassungsgericht: Streikaufruf auf Amazon-Parkplatz erlaubt

Karlsruhe (epd). Amazon muss Streikmaßnahmen auf seinen eigenen Firmenparkplätzen dulden. Haben Gewerkschaften sonst keine Möglichkeit, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Antritt ihrer Arbeit anzusprechen und zum Streik aufzufordern, müsse der Arbeitgeber Streikposten auf seinem eigenen Grund und Boden akzeptieren, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. Die Karlsruher Richter bestätigten damit entsprechende Urteile des Bundesarbeitsgerichts. (AZ: 1 BvR 719/19 und 1 BvR 720/19)

In den konkreten Fällen hatte die Gewerkschaft ver.di 2015 und 2016 auf den firmeneigenen Amazon-Parkplätzen in Pforzheim und Koblenz Stehtische aufgebaut, um die Amazon-Beschäftigten zum Streik aufzufordern. Hintergrund war die ver.di-Forderung, dass Amazon den Tarifvertrag für den Einzelhandel anwenden soll. Die Firma wollte die Streikposten auf seinem Firmengelände aber nicht hinnehmen. Ihr Hausrecht werde damit verletzt.

Das Bundesarbeitsgericht urteilte am 20. November 2018, dass der Handelskonzern dies ausnahmsweise dulden muss (AZ: 1 AZR 189/17 und 1 AZR 12/17). Denn habe eine Gewerkschaft keine andere Möglichkeit, "die zur Arbeitsniederlegung aufgerufenen Arbeitnehmer unmittelbar vor dem Betreten des Betriebes anzusprechen", müsse dies eben auf dem Betriebsgelände erfolgen.

Das Bundesverfassungsgericht bestätigte nun diese Entscheidungen. Zur im Grundgesetz geschützten Tarifautonomie gehörten auch der Abschluss von Tarifverträgen und Arbeitskampfmaßnahmen einschließlich Streiks. Gewerkschaften müssten daher auch Arbeitswillige vor Antritt der Arbeit ansprechen und sie zum Streik mobilisieren können. Daher habe das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ver.di dies wegen der örtlichen Gegebenheiten nur auf dem Amazon-Parkplatz und nicht an einem anderen Ort machen könne.

Das Eigentumsgrundrecht von Amazon werde damit auch nicht unzumutbar verletzt. So seien in einem Fall lediglich 65 Gewerkschafter auf einem fast 30.000 Quadratmeter großen Parkplatz gewesen. Eine unzumutbare Beeinträchtigung sei das nicht, zumal auch weiterhin Arbeitswillige dort parken und zur Arbeit gehen konnten, befanden die Verfassungsrichter.