Düsseldorf (epd). Die tariflich geregelten Vergütungen für Auszubildende weisen je nach Branche und Region weiterhin sehr große Unterschiede auf. Die Bezüge der Lehrlinge reichen derzeit von 325 Euro pro Monat im thüringischen Friseurhandwerk im ersten Ausbildungsjahr bis zum Betrag von 1.580 Euro im westdeutschen Bauhauptgewerbe im vierten Ausbildungsjahr, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung am Montag in Düsseldorf mitteilte. Untersucht wurden 20 Tarifbranchen.
In den ostdeutschen Tarifgebieten der Floristik (425 Euro) und des Friseurhandwerks (Thüringen: 325 Euro) bleiben die Vergütungen laut WSI weiterhin unterhalb der gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung, die bei 515 Euro im Monat liegt und am 1. Januar in Kraft getreten ist. Nach Ansicht des Leiters des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten, "funktioniert das Tarifvertragssystem bei der Festlegung der Ausbildungsvergütungen in großen Teilen der Wirtschaft recht gut".
Die Mindestausbildungsvergütung sei vor allem dort nötig, wo keine Tarifverträge existieren, sagte Schulten: "Allerdings besteht beim Niveau durchaus noch Luft nach oben." Für tarifgebundene Unternehmen gilt der Tarifvorrang im Berufsbildungsgesetz auch gegenüber der Mindestausbildungsvergütung, so dass die Tarifpartner die Möglichkeit haben, diese zu unterschreiten.
Schulten sagte, gerade in den traditionellen Niedriglohnsektoren müssten sich die Unternehmen überlegen, wie sie die Arbeit aufwerten können, um auch zukünftig noch genügend Auszubildende zu gewinnen: "Hierbei sollte die Corona-Krise nicht als Ausrede verwendet werden, um notwendige Anpassungen weiter hinauszuschieben."
Der Erhebung zufolge liegen die Vergütungen im ersten Lehrjahr in fünf großen Tarifbranchen oberhalb von 1.000 Euro pro Monat. Hierzu gehört auch der öffentliche Dienst. Das gelte auch insbesondere für Auszubildende in Pflegeberufen, die im ersten Ausbildungsjahr bei Bund und Gemeinden 1.141 Euro und bei den Ländern 1.161 Euro pro Monat erhalten. Während in weiteren drei der hier untersuchten 20 Tarifbereiche (Deutsche Bahn AG, Druckindustrie und Textilindustrie in Baden-Württemberg) die Ausbildungsvergütungen zwischen 900 und 1.000 Euro liegen, bewegen sie sich in der Mehrzahl der Tarifvereinbarungen zwischen 700 und 900 Euro.
Ähnlich große Unterschiede zeigen sich auch im weiteren Verlauf der Lehre. Im dritten Ausbildungsjahr variieren die Vergütungen zwischen 1.475 Euro im westdeutschen Bauhauptgewerbe und 465 Euro im thüringischen Friseurhandwerk. In etwa drei Viertel aller untersuchten Tarifbranchen wird dabei im dritten Ausbildungsjahr die 1.000-Euro-Schwelle überschritten.