Seit seiner Scheidung ist der von Fabian Hinrichs unnachahmlich verkörperte Besitzer eines kleinen Bestattungsunternehmens ein bisschen neben der Spur. Dieser Zustand steigert sich ganz erheblich, als ihn seine Eltern ausgerechnet während des Weihnachtsessens darüber informieren, dass sie an Silvester gemeinsam aus dem Leben scheiden wollen. Vater Theodor (Michael Wittenborn) hat Parkinson. Er kann nicht mehr allein essen, trinken oder sich waschen, vom Besuch der Toilette ganz zu schweigen; und das sind, wie er sagt, die guten Tage. Mutter Marion (Franziska Walser) hat in den letzten 52 Jahren alle wichtigen Ereignisse gemeinsam mit ihrem Mann erlebt, die vielen guten wie auch die wenigen schlechten; ein Dasein ohne Theodor kann und will sie nicht vorstellen. Karsten hält die Nachricht zunächst für einen schlechten Scherz, aber dann tut er alles, um erst beide Eltern und schließlich wenigstens die Mutter von dem Vorhaben abzubringen; alle seine Anstrengungen haben bloß zur Folge, dass er unter anderem gleich zweimal von der Polizei abgeholt wird.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Selbstredend hätte diese Geschichte auch als Stoff für ein Drama getaugt, zumal der Film durch eine Reportage über einen authentischen Fall inspiriert worden ist; aber gerade das tragische Potenzial liefert die perfekte Voraussetzung für eine große Komödie. Autor Daniel Bickermann hat zuletzt gemeinsam mit Dietrich Brüggemann das Drehbuch zu "Stau" geschrieben, einem vorzüglichen "Tatort" aus Stuttgart; auch dieser Film überraschte mit unerwartetem Witz. Hier steht vor allem die Hauptfigur für Heiterkeit, obwohl Hinrichs darauf verzichtet, die Rolle komisch anzulegen; das hätte angesichts von Karstens wachsender Verzweiflung auch nicht gepasst. Stattdessen sorgen Bickermann und Regisseur Christian Werner dafür, dass der bedauernswerte Bestatter ständig über die Widrigkeiten des Dasein stolpert, und das durchaus im Wortsinne; gerade die Mülltonnen scheinen sich gegen ihn verschworen zu haben. Irgendwie gelingt es Hinrichs, den zunehmend zornigen Karsten selbst in diesen Augenblicken würdevoll wirken zu lassen. Besonders witzig sind die Auseinandersetzungen mit dem Leichenwagen, der sich nach und nach in seine Bestandteile auflöst, was zu einigen Momenten komischer Konfusion führt. Das Auto steht gewissermaßen für den Gemütszustand seines Besitzers, der sehr nachvollziehbar mehr und mehr die Contenance verliert; erst recht, als bei einer zufälligen Untersuchung auch noch Schatten auf seiner Bauchspeicheldrüse entdeckt werden.
Neben Hinrichs’ liebevoll gespielten Slapstickszenen, den teilweise famosen Dialogen und den kleinen Exkursen ins Bestatterwesen lebt die Tragikomödie vor allem vom Ensemble. Hinrichs allein wäre schon das Einschalten wert, aber gerade Wittenborn, obschon erst 67, ist als von der Schüttellähmung gezeichneter und sprachlich eingeschränkter alter Mann gleichermaßen berührend wie eindrucksvoll. Regisseur Werner hat zuletzt einige Folgen der herausragend guten Vox-Serie "Rampensau" (2019) inszeniert; "Irgendwann ist auch mal gut", finanziert von der ZDF-Redaktion Das kleine Fernsehspiel, ist sein Langfilmdebüt. Dass er nicht nur alte Hasen zu großer Leistung führen kann, belegt eine Auszeichnung für Maresi Riegner als Karstens Auszubildende. Ellie findet stets Mittel und Wege, um die Wünsche der Hinterbliebenen zu erfüllen, und sorgt ansonsten dafür, dass Fröhlichkeit und Farbe Einzug in das triste Institut halten; Riegner ist für ihre Leistung im Rahmen des Max-Ophüls-Wettbewerbs mit dem Preis als bester Schauspielnachwuchs belohnt worden. Die unberechenbare Ellie steht zudem für den Ansatz, mit dem Werner und Bickermann ihre Geschichte erzählen: Es kommt dauernd anders, als man erwartet. Das gilt auch für die Beziehung, die sich zwischen Karsten und Sandra, der Anwältin (Julia Richter) seiner Frau, anbahnt.
Hinter der komödiantischen Fassade ist "Irgendwann ist auch mal gut" allerdings nicht nur dramatisch, sondern auch von großer gesellschaftlicher Relevanz: Der weitaus größte Teil jener rund 10.000 Menschen, die sich in Deutschland pro Jahr das Leben nehmen, ist sechzig und älter. Der Film ist seinem Titel gemäß nicht zuletzt ein Plädoyer für einen selbstbestimmten Abschied in Würde. Sandra formuliert jedoch die eigentliche Botschaft, als sie Karsten ins Gewissen redet, weil der Bestatter immer bloß nein zum Tode sage: "Sag’ ja zum Leben!" Das ZDF zeigt die mit munterem Jazz und melancholischer Bandoneon-Musik (Peer Kleinschmidt) unterlegte Komödie im Rahmen seiner Reihe „Shooting Stars – Junges Kino im Zweiten“ und daher leider erst um 23.15 Uhr, dabei gibt es überhaupt keinen Grund, der dagegen spräche, sie um 20.15 Uhr auszustrahlen; selbst wenn der Film zur Weihnachtszeit spielt.