Berlin (epd). Die mittelständische Wirtschaft lehnt das geplante Lieferkettengesetz ab. "Mit der Reglementierung des Außenhandels erweist die Bundesregierung den Ländern und Regionen einen Bärendienst, die sie mit dem Lieferkettengesetz schützen will", sagte Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). Zum Beispiel seien in Afrika derzeit nur rund 850 deutsche Unternehmen aktiv. "Eine Regulierung der Lieferbeziehungen würde Investitionen aus dem deutschen Mittelstand erschweren, wenn nicht sogar verhindern", warnte Ohoven: "Den Nutzen hätten globale Wettbewerber, die es mit der Einhaltung bestimmter Standards nicht so genau nehmen."
Eine möglichst weitgehende Überwachung von Produzenten und Zulieferern vor Ort sei für ein mittelständisches Unternehmen in Deutschland praktisch nicht möglich, sagte Ohoven. Ein Lieferkettengesetz nähme die Firmen in eine verschuldungsunabhängige Haftung, unterbräche globale Wertschöpfungsketten und würde damit den armen Ländern schaden, denen es nutzen soll.
Zur Bekämpfung ausbeuterischer Arbeitsverhältnisse im Ausland wollen Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) im August Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz vorlegen. Der Entscheidung waren Umfragen zur Selbsteinschätzung deutscher Unternehmen bezüglich der Einhaltung menschenrechtlicher Standards bei deren Zulieferern vorausgegangen.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, hält ein nationales Gesetz für faire Lieferketten grundsätzlich für richtig. "Wenn sich Unternehmen an Menschenrechtsstandards halten, aber andere nicht, dann ist das für Letztere eine klarer Wettbewerbsvorteil. Und das geht nicht", sagte er der "Saarbrücker Zeitung" (Donnerstag).
Entscheidend sei die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes: "Es geht um das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Was kann und sollte ein Unternehmen wissen, und was kann es nicht wissen und auch nicht kontrollieren?"
epd kfr