Berlin (epd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellt sich hinter die Pläne für ein deutsches Lieferkettengesetz zur Bekämpfung ausbeuterischer Arbeitsverhältnisse im Ausland. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Mittwoch in Berlin mit Blick auf das Vorhaben von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), dass "eine nationale Gesetzgebung" geplant sei. Es würden Eckpunkte erarbeitet, die sowohl die Grundlage für ein deutsches Gesetz sein sollten sowie für eine deutsche Vorlage für europäische Verhandlungen zu dem Thema. Er legte sich jedoch nicht auf einen Termin fest, zu dem ein Lieferkettengesetz spätestens in Kraft treten soll.
Am Dienstag hatten die Minister Müller und Heil angekündigt, im August Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz vorzulegen. Ihr Ziel ist es, in dieser Legislaturperiode zu einem Gesetz zu kommen. Dem vorausgegangen war ein Prozess, der im "Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte" (NAP) aus dem Jahr 2016 festgelegt und im Koalitionsvertrag bekräftigt wurde. Dieser sieht vor: Wenn sich bis 2020 herausstellt, dass weniger als die Hälfte der großen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen, sollen "weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen" geprüft werden. Dazu liefen seit dem vergangenen Sommer Umfragen zur Selbsteinschätzung deutscher Unternehmen.
Vorläufige Ergebnisse dazu wurden am Dienstag vorgestellt: Von rund 2.250 befragten Unternehmen in einer zweiten Fragerunde reichten gerade einmal 455 Firmen gültige Antworten ein. Lediglich 22 Prozent kamen den Angaben nach ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflicht nach. In der ersten Runde der Umfragen sah es ähnlich aus: nur 465 von 3.300 angeschriebenen Unternehmen haben den Fragebogen ausgefüllt, davon erfüllten 18 Prozent die Vorgaben. Beide Minister sahen damit die Voraussetzungen für ein Lieferkettengesetz erfüllt, von dem rund 7.000 Unternehmen betroffen wären.
Seibert kommentierte die geringe Zahl der Antworten auf die Befragungen mit den Worten: "Wenn man eine Umfrage macht, wünscht man sich natürlich viele Teilnehmer." Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes kündigte an, dass sich der interministerielle Ausschuss Wirtschaft und Menschenrechte am 11. August mit dem "umfassenden Ergebnisbericht" zu diesem Prozess befassen werde. Voraussichtlich im Herbst solle der Bericht mit den detaillierten Ergebnissen veröffentlicht werden.
Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums mahnte ein "abgestimmtes Vorgehen" an, betonte zugleich aber, das Ministerium versperre sich "mitnichten" einer Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte. Wirtschaftsverbände stehen einem Lieferkettengesetz ablehnend gegenüber.