Berlin (epd). Die Bundesregierung hat die Ermittlungen der Stuttgarter Polizei zum Migrationshintergrund von Tatverdächtigen nach den Krawallen von Ende Juni verteidigt. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte am Montag in Berlin, dass es in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni in Stuttgart einen Gewaltexzess gegeben habe, "wie er in dieser Form bisher unbekannt war". Die Polizei forsche dieses "Phänomen" nun unter allen möglichen Perspektiven aus, um Straftaten zur Anzeige zu bringen sowie um zu prüfen, ob künftig Präventionsstrategien entwickelt werden zu können.
Der Stuttgarter Polizeipräsident Franz Lutz hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass bei den Ermittlungen zu den Ausschreitungen von 400 bis 500 meist jungen Männern auch bei den Tatverdächtigen mit deutschem Pass die Abstammung recherchiert werde. Daran gab es heftige Kritik von SPD-Politikern, Grünen und Linken.
Der Innenministeriumssprecher betonte, dass bei Jugendlichen und Heranwachsenden Präventionsaspekte von besonderer Bedeutung seien. Deshalb sei es "polizeiliches Standardvorgehen", dass auch das soziologische Umfeld miteinbezogen werde. Dies schließe die Eltern mit ein, und die Frage, ob die Jugendlichen aus Haushalten mit Gewalterfahrung kämen, sowie Bildungsgrad und Einkommen. Es mache ferner einen deutlichen Unterschied, ob jemand erst seit einigen Wochen im Land sei oder hierzulande geboren worden sei und eine starke Bindung an die Gesellschaft habe.
Regierungssprecher Steffen Seibert kritisierte den Begriff "Stammbaumforschung" in der Debatte. Dieses historisch belastete Wort verbiete sich in dem Zusammenhang, sagte er.