Berlin (epd). Die neue Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), hat eine neue Debatte über die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht ausgelöst. "Ich halte es für einen Riesenfehler, dass die Wehrpflicht ausgesetzt wurde", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Eine allgemeine Wehrpflicht könne die Ausbreitung von Rechtsextremismus in der Truppe erschweren. Kritik erhielt sie aus den Oppositionsparteien. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kündigte am Samstag bei einer Online-Veranstaltung der CDU die Einführung eines neuen Freiwilligendienstes "Dein Jahr für Deutschland" an.
Högl sagte, es tue der Bundeswehr "jedenfalls sehr gut, wenn ein großer Teil der Gesellschaft eine Zeit lang seinen Dienst leistet". 2021 jährt sich die Aussetzung der Wehrpflicht zum zehnten Mal. Die SPD-Politikerin erklärte, schon damals habe es die Befürchtung gegeben, dass sich Rechtsextremismus in einer Berufsarmee stärker entwickele als in einer Wehrpflichtarmee.
Eine mögliche Rückkehr zur Wehrpflicht müsse jedoch gerecht gestaltet sein, auch über eine Pflicht für Männer und Frauen gleichermaßen müsse gesprochen werden. Im kommenden Jahr wolle sie sehr intensiv darüber diskutieren.
Kritik an Högls Äußerungen kam aus den Oppositionsparteien im Bundestag Grünen, Linken und FDP. "Die Wehrpflicht würde der Bundeswehr sicherheitspolitisch keinen Vorteil bringen, sondern lediglich massive personelle und finanzielle Ressourcen verschlingen", sagte der Grünen-Sprecher für Sicherheitspolitik, Tobias Lindner, am Samstag in Berlin. Er forderte eine angemessene Bezahlung und Ausrüstung für die Soldatinnen und Soldaten. Es brauche eine verantwortungsvolle Rekrutierungspraxis und eine zeitgemäße politische Bildung der Truppe.
Der CDU-Politiker Friedrich Merz sagte den Funke-Zeitungen (Online), die Bekämpfung des Rechtsradikalismus reiche als Begründung für die Wiedereinführung der Wehrpflicht nicht aus. Man könne aber darüber oder über eine allgemeine Dienstpflicht diskutieren.
Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer kündigte am Samstag an, im kommenden Jahr einen neuen Freiwilligendienst für die Bundeswehr einzuführen. Pläne dazu sollen Ende Juli vorgestellt werden, teilte eine Sprecherin des Ministeriums dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit. Der Dienst soll ein Jahr dauern. Sechs Monate erhalten die Freiwilligen eine Grundausbildung, sechs weitere Monate könnten sie dann heimatnah eingesetzt werden.
Der evangelische Militärbischof, Sigurd Rink, sagte dem epd, sowohl die Verteidigungsministerin als auch die Wehrbeauftragte hätten erkannt, dass man Tendenzen der Abkapselung und Absonderung in der Bundeswehr entgegenwirken müsse. Mit der Aussetzung der Wehrpflicht habe man sich relativ weit von der Intention des "Staatsbürgers in Uniform" entfernt, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sei. Ein neues Konzept für einen Freiwilligendienst könne mehr Diversität in die Bundeswehr bringen, sagte Rink. Er setzt sich für eine Dienstpflicht ein, eine Art soziales Jahr, das junge Menschen nach ihrer Ausbildung in Organisationen absolvieren können, die dem Gemeinwohl dienen.