Berlin (epd). Die Christdemokraten im Europaparlament wollen die Pläne der EU-Kommission für ein klimaneutrales Europa von der Entwicklung der Wirtschaft abhängig machen. "Wir müssen die Industrie stabilisieren, bevor wir sie in eine klimaneutrale Zukunft führen", sagte der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Zwar wolle er den "Green Deal" der EU-Kommission. Angesichts der schwersten Wirtschaftskrise seit den 30er Jahren müsse aber zunächst geschaut werden, "wie es der europäischen Wirtschaft geht und welche neuen Klimaauflagen sie verkraften kann".
Die europäische Wirtschaft befinde sich im freien Fall, sagte Weber. "Unsere erste Aufgabe ist eine Bewertung, was zusätzliche Auflagen für unsere Unternehmen bedeuten. Erst danach sind neue Regelungen zum Klimaschutz denkbar." Den "Green Deal" in der Corona-Krise umzusetzen, als wäre nichts geschehen, "wäre Gesetzgebung im Blindflug", warnte der CSU-Politiker. Die EU-Kommission will Europa mit dem "Green Deal" bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen. Das bisherige Ziel von 40 Prozent weniger Treibhausgasen bis 2030 gegenüber 1990 soll nach dem Willen der Kommission zudem auf 50 bis 55 Prozent erhöht werden.
Grundlage einer solchen Verschärfung des Klimaziels müsse "eine ordentliche Bewertung der Lage" sein, verlangte Weber: "Die Kommission muss überzeugend darlegen, dass die Klimaziele ohne Schaden für die Wirtschaft umsetzbar sind." Er habe Zweifel, ob der zuständige Kommissar Frans Timmermans bis September die entsprechenden Zahlen vorlegen werde. "Und so lange das nicht geschieht, wird es mit meiner Fraktion keine Verschärfung der Klimaziele und keine Gesetzgebung zum Green Deal geben", sagte der EVP-Fraktionsvorsitzende.
Deutschland übernimmt am 1. Juli für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Donnerstag angekündigt, Deutschland wolle in dieser Zeit schärfere Klimaziele in Europa voranbringen. Ziel sei es, eine Klimaneutralität Europas bis 2050 rechtlich verbindlich festzuschreiben und entsprechend die Ziele für 2030 anzupassen. Im Pariser Klimaabkommen von 2015 hatten sich die Unterzeichnerstaaten verpflichtet, ihre Ziele zur Minderung von Treibhausgasen in diesem Jahr noch einmal zu verschärfen.