Düsseldorf (epd). Die Wirtschaftauskunftei Creditreform geht von einer coronabedingten Zunahme der Privatinsolvenzen aus. Falls sich die Krise auf dem Arbeitsmarkt von Kurzarbeit auf Arbeitslosigkeit verändere, werde eine starke Steigerung eintreten, sagte Hauptgeschäftsführer Volker Ulbricht am Montag in Düsseldorf. Falls es bei überwiegend Kurzarbeit bleibe, sei die Zunahme an Privatpleiten aber weiter überschaubar. Im ersten Halbjahr 2020 ist die Zahl der Privatinsolvenzen in Deutschland laut Creditreform im Vergleich zum Vorjahreszeitraum trotz Corona-Pandemie um 6,4 Prozent auf nunmehr 30.800 Fälle gesunken.
Bei den Unternehmensinsolvenzen erwartet die Wirtschaftsauskunftei allerdings eine "Vertagung der Insolvenzwelle". Zwar sei auch hier gegenüber dem ersten Halbjahr 2019 ein Rückgang um 8,2 Prozent auf 8.900 Fälle zu verzeichnen. Jedoch seien für diesen Rückgang vor allem die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen verantwortlich, wie etwa Zuschüsse für kleine Gewerbetreibende und Selbstständige, Kreditmittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie in starkem Maße auch die bis Ende September befristete Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Firmen.
Mit einem Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen rechnet Ulbricht nach eigenen Worten von Herbst an. "Wir werden alsbald einen starken Anstieg von Insolvenzen sehen, vermutlich bei plus 20 Prozent gegenüber Ende 2019", sagte der Hauptgeschäftsführer. Unter Umständen könnte die Welle allerdings auch erst Anfang 2021 erfolgen. Klar sei aber: "Sie wird kommen." Es sei nicht zu erwarten, dass Unternehmen während der Corona-Pandemie in 2020 gesundeten, "es sei denn, es gibt im anstehenden Sommer eine Express-Erholung", sagte Ulbricht.
Die Gläubigerschäden infolge der Unternehmenspleiten im ersten Halbjahr 2020 belaufen sich laut Creditreform auf insgesamt zwölf Milliarden Euro in Deutschland. Bei den insolventen Unternehmen und deren Umfeld seien in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres etwa 125.000 Arbeitsplätze bedroht oder bereits weggefallen.
Die höchsten Insolvenzquoten im ersten Halbjahr 2020 verzeichnete den Angaben zufolge Bremen, gefolgt von Berlin und Nordrhein-Westfalen. Die niedrigsten Quoten hatten demnach Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern. Knapp die Hälfte der gemeldeten Insolvenzen in ganz Deutschland habe im ersten Halbjahr 2020 bei Unternehmen gelegen, die älter als zehn Jahre waren. Jüngere Unternehmen im Alter von maximal vier Jahren waren demnach zu 23,5 Prozent betroffen.