Münster (epd). Die russische Umweltorganisation Ecodefense fordert in einem offenen Brief an Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) einen Importstopp von Kohle aus Sibirien für das Kraftwerk Datteln IV sowie das Ende deutscher Uranmülltransporte in ihr Land. Durch den Kohle-Abbau im sibirischen Kuzbass und die Kooperation des Urananreicherers Urenco mit Energiekonzernen wie RWE, Uniper und EON komme es in beiden Ländern zu schweren Umwelt- und Klimaschäden, heißt es in dem am Dienstag in Münster veröffentlichten Appell. "Kohle und Atom müssen der Vergangenheit angehören, die Zeit ist reif für erneuerbare Technologien."
In der Corona-Krise versuchten viele "dreckige Industrien" die Situation zu ihrem Vorteil auszunutzen, kritisieren die Ecodefense-Aktivisten Alexandra Koroleva und Vladimir Slivyak in dem Brief. Der Urenco-Konzern in Gronau schicke Uranmüll nach Russland, wo die Atomindustrie unbegrenzte Freiheiten genieße. Aufgrund der aktuellen Beschränkungen durch die russische Regierung herrsche dort derzeit ein Demonstrationsverbot. So könne Urenco "ihren gefährlichen Atommüll extrem einfach loswerden". RWE und Eon sind je zu einem Drittel Anteilseigner an der Gronauer Urananreicherungsanlage, die Urenco betreibt.
Unverantwortlich handelt nach Ansicht der Umweltschützer auch die Kohle-Industrie in ihrem Heimatland. Mehr als 40 Prozent der Importkohle für deutsche Kraftwerke komme derzeit aus Sibirien. Der Abbau zerstöre nicht nur das Klima, sondern auch die Häuser und Heimat der Menschen dort, beklagen Koroleva und Slivyak. "Die Luft im Kuzbass, der wichtigsten russischen Bergbau-Region, ist so vergiftet, dass die Menschen dort an Krebs erkranken. Das Wasser der Flüsse ist schwarz." Die Schäden würden größer mit der Realisierung jedes neuen Kohle-Kraftwerks wie Datteln IV, warnen sie.
Als Ministerin der Bundesregierung sei Schulze mitverantwortlich für die Genehmigung der Atommüll-Exporte von Gronau nach Russland sowie für die Inbetriebnahme des umstrittenen Steinkohlewerks. "Welche Beweggründe auch immer zu Ihren Entscheidungen geführt haben, wir fordern Sie eindringlich auf: Ergreifen Sie alle notwendigen Maßnahmen, um den Export des Uranmülls genauso zu stoppen wie den Weiterbetrieb von Datteln IV und den Import russischer Kohle", heißt es abschließend in dem Appell.