TV-Tipp: "Wilsberg: Aus Mangel an Beweisen", "Die Bielefeld-Verschwörung"

Altmodischer Fernseher vor einer Wand
Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Wilsberg: Aus Mangel an Beweisen", "Die Bielefeld-Verschwörung"
10.6., ZDF Neo, 20.15 Uhr/21.45 Uhr
Reine Komödien sind die "Wilsberg"-Krimis aus Münster nie, aber zumindest die Dialoge zwischen dem zerknautschten Privatdetektiv (Leonard Lansink) und seinem Kumpel Ekki (Oliver Korittke) garantieren immer wieder komische Szenen. "Aus Mangel an Beweisen" aber ist ein ungewohnt ernster Beitrag zur Reihe.

Kein Wunder: Die mutmaßliche Entführung eines Jungen bietet keinerlei Anlass für Späße. Betroffen sind ein Cousin von Ekki und dessen Frau (Stephan Kampwirth, Claudia Michelsen). Wilsberg ahnt gleich, dass irgendwas nicht stimmt, und tatsächlich entpuppt sich der Vater, dessen Firma pleite ist, als Trittbrettfahrer seines eigenen Falls; der Sohn bleibt trotzdem verschwunden.

Für allenfalls grimmigen Humor sorgen allein die Dorfbewohner. Autor Jürgen Kehrer zeichnet sie als gewaltbereite Hinterwäldler, die allen Fremden mit Misstrauen begegnen. Das bekommt neben Wilsberg auch ein Mann zu spüren, der schließlich für die Polizei zum Hauptverdächtigen wird: Auf dem Grundstück eines Nachbarn (Michael Lott) werden Kleidungsstücke des jungen gefunden. Vor zwölf Jahren war Schwendtner wegen Kindesmissbrauchs angeklagt, wurde damals aber aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Als Pflichtverteidigerin wird ausgerechnet Wilsbergs einstiges Mündel Alex (Ina Paule Klink) bestellt. Die kann ihren Mandanten zwar auf Anhieb nicht leiden, ist aber die einzige, die sich für die Unschuldsvermutung stark macht. Dabei hat Schwendtner tatsächlich Dreck am Stecken.

Wie stets in den "Wilsberg"-Krimis gibt es überschaubare Nebenschauplätze mit mehr oder weniger großem Bezug zur Handlung. So soll Ekki zum Beispiel beobachten, wer das auf einem Autobahnrastplatz deponierte Lösegeld abholt, wird aber von den Reizen einer freizügig dekolletierten Fremden abgelenkt. Die Unbekannte ist niemand anders als seine Sandkastengespielin Silke (Nadja Becker), die seine Eltern gern zur Schwiegertochter hätten. Auch Wilsberg hat ein romantisches Abenteuer; allerdings verläuft seine Liaison mit der Dorfwirtin (Bettina Kupfer) ungleich platonischer. 

Originellste Figur der von Hans-Günther Bücking (Kamera und Regie) inszenierten Geschichte ist Nils Erdel (Daniel Roesner). Der junge Mann gerät zwar gleichfalls vorübergehend ins Visier der Polizei, ist aber bloß ein harmloser Spinner, der an Ufos glaubt. Trotzdem stellt er das Bindeglied zur zweiten "Wilsberg"-Episode her, die Neo am heutigen Abend zeigt: "Die Bielefeld-Verschwörung" (21.45 Uhr). In der ostwestfälischen Stadt macht man längst gute Miene zum bösen Spiel: In Wirklichkeit existiert Bielefeld überhaupt nicht. Im Internet treibt die Theorie seit rund dreißig Jahren immer kuriosere Blüten; nun ist sie Motor eines originellen Krimis.

Die Heimatstadt von "Wilsberg"-Redakteur Martin R. Neumann Stadt taucht ohnehin in jedem Film auf; und sei es als Ortsschild. Erdel bittet Wilsberg um Hilfe: Er hat gemeinsam mit anderen Beweise dafür gesammelt, dass Bielefeld eine Fälschung ist, und fürchtet um sein Leben. Wilsberg wimmelt ihn ab, aber als der junge Mann angeblich einen tödlichen Herzinfarkt erleidet, fühlt er sich verpflichtet, der Sache nachzugehen; und das ist bloß der Auftakt zu einer Geschichte (Buch: Timo Berndt, Kamera und Regie: Hans-Günther Bücking), die bei aller Zitierfreude und diversen parodistischen Ansätzen trotzdem ein Krimi bleibt, in dem es letztlich um handfeste wirtschaftliche Interessen geht.