Sein Leichnam wird in der Isar gefunden. Die Münchener Kommissare ermitteln in verschiedene Richtungen. Die Auswertung der Mobilfunkdaten ergibt, dass Emil zuletzt an einem Parkplatz war, auf dem sich Menschen zum anonymen Sex treffen; womöglich fühlte sich jemand beobachtet, der an einem solchen Ort lieber nicht gesehen werden möchte. Letztlich landen Leitmayr und Batic jedoch immer wieder bei den Kovacics und den Schellenbergs. Die Ehepaare sind miteinander befreundet, aber die Polizisten ahnen, dass sich hinter den makellosen Fassaden der schmucken Vorortvillen ein Geheimnis verbirgt.
In der Übersicht der Mitwirkenden werden Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec natürlich zuerst genannt, aber die Rollen der beiden Paare sind kaum kleiner. Im Vordergrund steht zunächst Laura Tonke als trauernde Mutter; Judith Kovavic hat nach dem Tod ihres Mannes ein zweites Mal geheiratet, Ehemann David (Lenn Kudrjawizki) ist der Stiefvater des erschlagenen Emil. Dessen offenbar einziger Freund David ist der Sohn von Antonia und Martin Schellenberg. Victoria Mayer und Hans Löw folgen in der Darstellerliste aus gutem Grund direkt auf die beiden Hauptdarsteller, denn die Familie rückt immer mehr ins Zentrum der Handlung; und das nicht nur, weil David einer der letzten war, die Emil lebend gesehen haben. Die Schellenbergs haben noch eine Tochter, und der Film nimmt sich ungewöhnlich viel Zeit, um zu zeigen, wie die Eltern Hannah (Lea Zoe Voss) am Bahnhof abholen; das Mädchen hat die letzten Tage in einem Tennis-Trainingscamp am Gardasee verbracht. Videos auf Emils Laptop legen nahe, dass der Junge in die fünf Jahre ältere Schwester seines Freundes verliebt war. Weitere Dateien deuten allerdings darauf hin, dass Emil nicht als einziger für Hannah schwärmte.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Der poetische Titel "Lass den Mond am Himmel stehn" klingt wie der Name eines Gemäldes des Frühromantikers Caspar David Friedrich. Tatsächlich hat die Bildgestaltung einen mindestens ebenso großen Anteil an der Qualität des Films wie die Arbeit mit den Darstellern. Der österreichische Regisseur Christopher Schier hat zuletzt die etwas enttäuschende Neo-Serie "Dead End" (2019) inszeniert. Ungleich sehenswerter waren sein Sat.1-Thriller "Todesfrist – Nemez und Sneijder ermitteln" (2019) sowie zwei "Tatort"-Episoden des ORF, "Wehrlos" (2017) und "Die Faust" (2018). Eins ist all’ seinen Werken gemeinsam: Die Anmutung ist stets herausragend. Mit seinem Landsmann Thomas W. Kiennast hat Schier schon die Krimis aus Wien gedreht. Der Kameramann hat auch beim Münchener "Tatort" eine besondere Optik kreiert. Das gilt zwar auch für die Waldbilder mit ihren wabernden Nebelschwaden sowie die verschiedenen nachdenklichen Stimmungs- und Trauerbilder, aber für Tristesse sorgen vor allem die Innenaufnahmen in den Häusern der beiden Familien, bei denen Kiennast dank des sparsamen Lichts selbst tagsüber eine düstere Atmosphäre entstehen lässt; daran ändern auch die Eidechsen nichts, die bei den Schellenbergs immer wieder wie Unheilsboten durchs Bild huschen. Sehr kunstvoll ist zudem die Beleuchtung im Befragungsraum der Polizei; in den entsprechenden Szenen steigern sehr nahe Nahaufnahmen die ohnehin schon hohe Intensität. Die die überwiegend gedeckten Farben, die elektronische Musik (Markus Kienzl) und nicht zuletzt die belastende Stille unterstreichen das zunehmend trostlose Klima.
Das Drehbuch ist vom Autorenduo Stefan Hafner und Thomas Weingartner, womit der Krimi endgültig zu einem ORF-"Tatort" des Bayerischen Rundfunks wird: Die beiden sind ebenfalls Österreicher und haben neben diversen Folgen für die "Soko"-Serien aus Wien und Kitzbühel Vorlagen für ausnahmslos sehenswerte Filme geschrieben, darunter die im ZDF ausgestrahlten ORF-Landkrimis "Wenn Du wüsstest, wie schön es hier ist" und "Drachenjungfrau". Ihr letztes Werk war "Geschenkt" (2019), eine Tragikomödie über einen zynischen Provinzjournalisten, dem das Schicksal plötzlich einen neuen Lebenssinn schenkt. "Lass den Mond am Himmel stehn" knüpft atmosphärisch allerdings eher an die Landkrimis an. Die Geschichte, die schließlich in einen bedrückenden dritten Akt mündet, als die Wahrheit ans Licht kommt, hätte mit den Kölner Kommissaren Ballauf und Schenk vermutlich genauso gut funktioniert, aber Hafner und Weingärtner haben sie natürlich auf Leitmayr und Batic zugeschnitten. Die beiden müssen zwar weitgehend ohne ihre üblichen Frotzeleien auskommen, aber gerade zu Beginn sorgen amüsante biografische Anmerkungen dafür, dass der Krimi als "Tatort" aus München erkennbar bleibt.