Hartz-IV-Ausschluss für arbeitsuchende EU-Bürger steht auf der Kippe

Hartz-IV-Ausschluss für arbeitsuchende EU-Bürger steht auf der Kippe

Luxemburg (epd). Arbeitsuchende EU-Bürger mit schulpflichtigen Kindern in Deutschland können sich Hoffnung auf die Zahlung von Hartz IV machen. Wie der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Luxemburg in seinen gutachterlichen Schlussanträgen vom Donnerstag feststellt, muss nach EU-Recht ein Aufenthaltsrecht der Kinder wegen ihres Schulbesuchs in Deutschland auch zum Anspruch auf Sozialhilfeleistungen der Eltern führen. (AZ: C-181/19)

Voraussetzung sei jedoch, dass die Eltern bereits als Arbeitnehmer tätig waren, betonte Generalanwalt Giovanni Pitruzzella. In den allermeisten Fällen folgt der EuGH in seinen Urteilen dem Gutachten des Generalanwalts. Damit steht in Deutschland der gesetzliche generelle Hartz-IV-Ausschluss für arbeitsuchende EU-Bürger auf der Kippe.

Im Streitfall hatte ein polnischer Kläger zeitweise in Deutschland gearbeitet und dann Arbeitslosengeld II für sich und seine beiden schulpflichtigen Töchter erhalten. Die deutschen Vorschriften sehen für arbeitsuchende EU-Bürger einen Ausschluss von Hartz-IV-Leistungen vor. Waren sie mindestens ein Jahr im Bundesgebiet beschäftigt, besteht dagegen ein Anspruch auf Hilfeleistungen. Bei weniger als einem Jahr ist der Arbeitslosengeld-II-Anspruch auf sechs Monate beschränkt - so wie im vorliegenden Fall.

Das Jobcenter Krefeld lehnte daher den Hartz-IV-Folgeantrag des Klägers ab. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen fragte daraufhin beim EuGH an, ob die deutschen Regelungen mit EU-Recht im Einklang stehen.

Nach Auffassung des Generalanwalts ist der generelle Ausschluss von beitragsunabhängigen Sozialhilfeleistungen nicht mit dem EU-Recht vereinbar. Zwar habe der EuGH bereits am 15. September 2015 geurteilt, dass Deutschland zum Schutz seiner Sozialsysteme EU-Bürger, die sich nur zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, von Hartz-IV-Leistungen ausschließen dürfen (AZ: C-67/14).

Das gelte jedoch nicht, wenn - entsprechend Artikel 10 der Freizügigkeitsrichtlinie - das Aufenthaltsrecht der arbeitsuchenden Eltern auf den Schulbesuch ihrer Kinder in deutschen Schulen zurückgeht. Außerdem müssten diese für einen Anspruch auf Sozialleistungen zuvor bereits als Arbeitnehmer tätig gewesen sein. Der aktuelle Fall sei daher mit dem EuGH-Urteil aus dem Jahr 2015 nicht vergleichbar. In dem damaligen Verfahren spielte das Aufenthaltsrecht der Eltern wegen des Schulbesuchs der Kinder keine Rolle. In voraussichtlich einigen Monaten wird der EuGH über den Rechtsstreit abschließend entscheiden.

epd fle db