Sicherheitsexperte bedauert UN-Blockade zu globalem Waffenstillstand

Sicherheitsexperte bedauert UN-Blockade zu globalem Waffenstillstand
12.05.2020
epd
epd-Gespräch: Jan Dirk Herbermann

Genf (epd). Der Sicherheitsexperte Jean-Marc Rickli bedauert die Blockade eines globalen Waffenstillstands während der Corona-Pandemie durch den UN-Sicherheitsrat. Ein derartiger Beschluss, wie von UN-Generalsekretär António Guterres vorgeschlagen, wäre ein wichtiges Symbol für die Förderung des Friedens weltweit gewesen, sagte Rickli dem Evangelischen Pressedienst in Genf. Die USA hätten mit ihrer Ablehnung einer entsprechenden Resolution vergangene Woche dem Vorhaben schweren Schaden zugefügt.

Der Appell wurde laut dem Leiter der globalen Risiko-Bewertung des Genfer Zentrums für Sicherheitspolitik Opfer der zunehmenden Rivalität zwischen den USA und China. "Die USA und China haben die Muskeln spielen lassen. Das zeigt, wie zwei Mächte das internationale politische System dominieren."

UN-Generalsekretär Guterres hatte im März alle Konfliktparteien zu einer globalen Waffenruhe aufgerufen, um gemeinsam die Corona-Pandemie zu bekämpfen. Daraufhin setzten sich Deutschland und weitere Staaten für eine Resolution des Sicherheitsrates ein. Eine Unterstützung des Aufrufs durch das Gremium sei nötig, erläuterte Rickli. "Nur der Sicherheitsrat kann im UN-System völkerrechtlich verbindliche Entscheidungen treffen, eine Resolution des Rates hätte dem Appell das nötige Gewicht gegeben." Insgesamt standen zuletzt über 110 Staaten hinter dem UN-Aufruf.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron habe versucht, die Initiative zu retten. Doch die USA hätten eine internationale Führungsrolle Macrons nicht zulassen wollen. "Das Ganze ist eine harte Machtpolitik und reflektiert das oftmalige Versagen der UN, sich kollektiv auf Lösungen für globale Herausforderungen zu einigen."

Rickli hob auch die Struktur vieler bewaffneter Konflikte hervor. Mehr und mehr kämpften nichtstaatliche Akteure wie Rebellengruppen und Terrororganisationen in den Konflikten, etwa in Syrien. Zudem verlassen sich Rickli zufolge Staaten in Kriegen zunehmend auf nichtstaatliche Stellvertreter, um sich selbst die Hände nicht schmutzig zu machen. "Es ist generell sehr schwierig für die UN, nichtstaatliche Akteure zu erreichen oder sogar von einem Waffenstillstand zu überzeugen", hielt er fest. "Die UN sind aus Mitgliedsländern zusammengesetzt. Viele nichtstaatliche Akteure fühlen sich von Appellen wie dem Aufruf zum globalen Waffenstillstand der UN nicht angesprochen."