Genf (epd). Das UN-Menschenrechtkommissariat hat die restriktive Politik europäischer Staaten gegenüber Bootsflüchtlingen auf dem Mittelmeer scharf kritisiert. Die abwehrenden Maßnahmen gefährdeten Menschenleben, betonte der Sprecher des Hochkommissariats, Rupert Colville, am Freitag in Genf. Laut Berichten verlangten die Behörden Maltas von Handelsschiffen, dass sie Boote mit Flüchtlingen und Migranten auf das offene Meer zurückdrängen. Das sei besonders besorgniserregend.
Derzeit warten Colville zufolge drei Schiffe mit Flüchtlingen und Migranten an Bord, in einen Hafen einlaufen zu dürfen. Darunter befindet sich das Handelsschiff "MV Marina". Nach Angaben des Hilfsbündnisses Seebrücke liegt die "MV Marina" vor der italienischen Insel Lampedusa fest. Die Situation an Bord spitze sich zu, Proviant und Wasser gingen zur Neige.
Der UN-Sprecher betonte auch, dass derzeit keine Seenotrettungsschiffe im zentralen Mittelmeer operierten. Die humanitäre Arbeit privater Seenotretter werde laut Berichten von Regierungen behindert und unterbunden. Allen privaten Seenotrettern müsse unbedingt erlaubt werden, ihre Operationen fortzusetzen.
Nach Angaben der Organisation Alarm Phone, die eine Notrufnummer für Flüchtlinge in Seenot betreibt, werden Boote in Seenot im Mittelmeer immer wieder sich selbst überlassen, ohne dass Malta oder Italien oder die EU-Grenzer eingriffen. Immer wieder ertrinken demnach Menschen oder werden nach Libyen zurückgebracht und in den Lagern interniert, wo Folter und Hunger herrschen.
Das zentrale Mittelmeer gilt als eine der Hauptrouten für Migranten und Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa. Die Boote stechen von Libyen aus in See. Italien und Malta hatten im April ihre Häfen im Zuge der Corona-Pandemie gesperrt. Die Menschen stammen meist aus Afrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten. Sie fliehen vor Armut und Gewalt in ihren Heimatländern.