Die ehemalige Flugbegleiterin Sophie, die den Hof in eine Pension mit viel ländlichem Ambiente umgewandelt hat (Übernachtung im Heu inklusive), und der störrische Rentner Barthl Fuchsbichler müssen irgendwie miteinander klar kommen. Deshalb raufen sie sich im Verlauf jeder Geschichte zusammen, um sich zu Beginn der nächsten aufs Neue zu zerstreiten. Diesmal fackelt der Alte beinahe das Haus ab, weil er beobachten will, wie Mimosen auf Rauch reagieren. Damit die Versicherung den Schaden auch bestimmt bezahlt, soll er gegenüber der psychologischen Sachverständigen (Annette Paulmann) so tun, als stehe es mit seiner Zurechnungsfähigkeit nicht zum Besten. Das geht allerdings nur so lange gut, bis sich die Frau als keineswegs unsympathische Seelenverwandte entpuppt und mit ihm über die sensiblen Pflanzen fachsimpelt.
Früher hätte es womöglich gereicht, mit diesem Geschichtchen neunzig Minuten zu füllen, aber heutzutage müssen Filme abwechslungsreicher gestaltet sein, weil viele Zuschauer ungeduldig werden, wenn der nächste Spannungsbogen allzu lange auf sich warten lässt. Deshalb hat das Autorenduo Su Turhan und Christian Limmer wie in allen Freitagsreihen der ARD-Tochter Degeto eine zweite Ebene eingeflochten: Ein junges Paar möchte seine Hochzeit gern auf dem Fuchsbichlerhof feiern, scheitert aber am Veto des Vaters der Braut; den Eltern schwebt ohnehin ein rauschendes Fest mit 120 Gästen vor. Offenbar war sich Regisseur Ralf Huettner im Klaren darüber, dass dieser Handlungsstrang noch überschaubarer ist als die Sache mit dem versuchten Versicherungsbetrug. Deshalb muss Rainer Will den Vater völlig überzogen als adeligen Patriarchen alter Schule verkörpern, der umgehend aus der Haut fährt, wenn Frau (Katja Weitzenböck) und Töchter nicht nach seiner Pfeife tanzen. Das ist schade, denn die Figur ist nun kaum noch ernst zu nehmen. Wenn Schauspieler schreien, mag das auf der Bühne für Gänsehaut sorgen, aber im Fernsehfilm erzielt unmotiviertes Gebrüll nur selten die erhoffte Wirkung, zumal der Choleriker an allem und jedem was zu meckern hat. Dass er prompt in einen Kuhfladen treten muss, passt perfekt ins Bild. Außerdem hat Wills lautstarkes Spiel zur Folge, dass die anderen Figuren und ihre Darsteller kaum zur Entfaltung kommen. Von der mit pubertärem Trotz reagierenden Braut (Anne-Marie Waldeck) - "Dann heiraten wir halt nicht!" - bleibt letztlich kaum mehr in Erinnerung als ihre rührende Sorge um ein schwarzes Lamm, dass seine Herde verloren hat.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Natürlich ist auch Barthl nicht gerade eine differenzierte Rolle, aber Friedrich von Thun versieht den Alten mit einem spitzbübischen Charme, der ihm immerhin eine gewisse Sympathie sichert; außerdem sind die Dialogduelle, die sich die zerstrittenen Nachbarn liefern, ein Genuss, weil Turhan und Limmer gerade Sophie eine Menge Bosheiten in den Mund legen. Krimischriftsteller Turhan ist unter anderem Schöpfer jenes ungewöhnlichen Münchener Ermittlers, der als "Kommissar Pascha" ebenfalls zu Filmehren gekommen ist. Trotz exzellenter Kritiken hat die Degeto die Reihe nach nur zwei Episoden leider wieder eingestellt.
Ein bisschen kurz kommt in "Feuer unterm Dach" Carolin Garnier, was schade ist, weil sich Sophie auch mit ihrer Tochter den einen oder anderen vergnüglichen Schlagabtausch liefert. Huettner hat auch die letzten beiden Folgen von "Zimmer mit Stall" inszeniert und sorgt erneut für vergleichsweise flotte leichte Unterhaltung, wie schon der gutgelaunte Auftakt mit dem Sommerklassiker "In the Summertime" von Mungo Jerry signalisiert. Der Film mag sich nicht auf dem anspruchsvollen Niveau der Degeto-Reihen "Toni, männlich, Hebamme" oder "Käthe und ich" bewegen, ist aber dank vieler kleiner witziger Einfälle jederzeit kurzweilig. Der schöne Instrumental-Blues (Musik: Sebastian Horn, Peter Horn) ist ohnehin längst so etwas wie ein Markenzeichen der Reihe.