Die Gesetzesänderung, mit der Deutschland eine EU-Richtlinie zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrung umsetzt, war bereits 2015 beschlossen worden. Wegen der Komplexität der Umstellung war den Kirchen und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wie etwa den Kommunen, eine sogenannte Optionsfrist bis zum 31. Dezember 2020 eingeräumt worden. Bis dahin darf das alte Recht weiter angewendet werden.
Auf Drängen der Kommunen hatte sich der Bundesrat im Dezember für eine nochmalige Verschiebung des Inkrafttretens der Reform eingesetzt, um Rechtssicherheit bei der Anwendung der neuen Regeln herzustellen. Die Verlängerung der Frist, die der Bundestag noch beschließen muss, solle auch für die Kirchen gelten, erklärte der Sprecher des Finanzministeriums.
Bislang wurden Kirchengemeinden nur in seltenen Fällen umsatzsteuerpflichtig. Durch den neuen Paragrafen 2b des Umsatzsteuergesetzes werden sie in Zukunft Unternehmern gleichgestellt. Auf alle Leistungen, die auch ein Unternehmer erbringen könnte - wie etwa Bewirtung auf Festen, Reisen oder Verkauf von Drucksachen - müssen die Gemeinden Steuern zahlen.
Ausnahmen gelten für Tätigkeiten "im Rahmen der öffentlichen Gewalt", zum Beispiel Nutzungsgebühren für Friedhöfe oder Kita-Beiträge. Auch für den Bereich "Vermittlung des christlichen Glaubens" gelten Befreiungsmöglichkeiten, das betrifft etwa Konfirmandenfreizeiten oder den Verkauf von Kerzen für ein Gebet in der Kirche. Für Jugendarbeit oder Kirchenchöre sieht das Umsatzsteuergesetz ebenfalls Befreiungsmöglichkeiten vor.
Experten der Evangelischen Kirche in Deutschland und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz schätzen, dass ein Viertel aller Gemeinden die "Kleinunternehmergrenze" von 22.000 Euro überschreiten wird und tatsächlich Umsatzsteuer zahlen muss. Da aber alle Umsätze künftig exakt dokumentiert werden müssten, komme auf alle Gemeinden erheblicher Mehraufwand zu, fürchten die Kirchen.