Es gibt ein Wiedersehen mit drei gleich drei Verflossenen von Ekkehardt Talkötter, der dank Oliver Korittke immer ein wenig wie ein Ritter von der traurigen Gestalt wirkt. Aber auch Gelegenheitszuschauer werden ihren Spaß an "Vaterfreuden" haben, denn Markus Altmeyer erfreut mit einer Geschichte voller Überraschungen, die außerdem selbsternannte männliche Feministen genussvoll durch den Kakao zieht; und Stoff zum Nachdenken gibt es auch.
Die eigentliche Handlung beginnt mit einem Knüller für Ekki: Ex-Freundin Silke (Nadja Becker) eröffnet ihm, dass er Vater sei, und das bereits seit sechs Jahren. Der brave Finanzbeamte aus Münster ist hin und her gerissen: Einerseits freut er sich und weist den Verdacht seines Freundes Wilsberg (Leonard Lansink), die Frau könne ihm ein Kuckuckskind untergejubelt haben, empört zurück; andererseits fordert Silke Alimente, und zwar rückwirkend, und da kommt ganz schön viel zusammen. Er engagiert also den für solche Fälle einschlägig bekannten Anwalt Rohr (Michael Rotschopf), der als Erstes einen Vaterschaftstest vorschlägt. Als der Test positiv ausfällt, fügt sich Ekki in sein Schicksal; außerdem ist Hanna ein liebenswürdiges kleines Mädchen, und auf dem Spielplatz ist der Vater bei den Müttern umgehend Hahn im Korb. Zum Krimi wird die Geschichte, als Rohr entführt wird und der Verdacht umgehend auf eine Gruppe von Feministinnen fällt, die sich "Evas Töchter" nennen; zu dem Club gehören noch weitere von Ekkis Verflossenen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Selbstverständlich funktioniert "Vaterfreuden" auch, wenn man die früheren Filme mit den Damen nicht gesehen hat, weil Altmeyer, der 2017 mit "MünsterLeaks" sein sehenswertes "Wilsberg"-Debüt gegeben hat, gerade für Overbeck viele amüsante Dialogzeilen geschrieben hat: Der Polizist hat sein Herz für den Feminismus entdeckt, liest Simone de Beauvoir und bewirbt sich für das Amt des (oder der) Gleichstellungsbeauftragten. Außerdem hält er seinen Mitmenschen ständig Vorträge über patriarchalische Machtverhältnisse und will als Postfeminist "das soziale Geschlecht als Konstrukt entlarven und überwinden." Was er da sagt, hat zwar Hand und Fuß, aber aus dem Mund des selbstverliebten Polizisten, der sich für unwiderstehlich hält, klingen solche Sätze automatisch satirisch, zumal Roland Jankowsky sie mit angemessen ernster Miene vorträgt.
Nicht minder gelungen ist das Wiedersehen mit den Frauen aus der Vergangenheit. Nadja Becker wirkt bereits zum vierten Mal mit: Ihre ersten Auftritte hatte Ekkis einstige Sandkastengespielin Silke Sestendrup bereits 2012 und 2013 ("Aus Mangel an Beweisen", "Treuetest"), damals noch als Nebenfigur. 2016 feierte sie in der Folge "In Treu und Glauben" ein Comeback als eifersüchtige Ex-Freundin, die Ekkis Hochzeit verhindern will. Die damalige Braut, Kerstin Buckebrede (Isabell Polak), ist ebenfalls wieder mit von der Partie. Komplettiert wird das Trio Infernal durch Ekkis Stalkerin (Isabell Gerschke) aus "Bauch, Beine, Po" (2015). Die drei machen ihm ganz schön zu schaffen, zumal es mit der konkurrierenden Kollegin Lavinia Westerwinter (Wanda Perdelwitz), die ihm die sicher geglaubte Beförderung vor der Nase wegschnappt, eine weitere Kontrahentin gibt.
Regisseur Martin Enlen hat in den letzten sechs Jahren zwölf "Wilsberg"-Filme gedreht, darunter herausragende Episoden wie "Gottes Werk und Satans Kohle" sowie "Minus 196 Grad" (beide 2019). Seine Inszenierung ist von gewohnt großer Sorgfalt, aber diesmal deutlich zurückhaltender; auf Krimi- oder gar Thriller-Spannung hat er weitgehend verzichtet. Der Film lebt vor allem von der wendungsreichen Geschichte, der Arbeit mit dem Ensemble und den Dialogen. Das feministische Thema dient dabei keineswegs nur als Satirequelle. Anwältin Alex (Ina Paule Klink) vertritt "eine ganze Armada" alleinstehender Mütter, darunter auch Silke, die um ihre Alimente kämpfen. Zahlen die Väter nicht, muss der Staat einspringen. Der Informationsmonolog der Juristin entspricht bis ins Detail den Ausführungen in einem kürzlich ausgestrahlten WDR-"Tatort" ("Niemals ohne mich"), in dem es gleichfalls um ausgebliebene Unterhaltszahlungen ging; "Vaterfreuden" ist die komische Version dieses Dramenstoffs.
Zum Thema Frauenrechte passt auch Ekkis Verdacht, die Kollegin habe ihre Beförderung einem Verhältnis mit dem gemeinsamen Chef zu verdanken. Lavinia Westerwinter hat in der Tat eine Affäre, aber nicht mit Grabowski (Vittorio Alfieri), sondern mit Anwalt Rohr; und so verknüpft Altmeyer auch diese Ebene mit dem restlichen Geschehen. Dass ausgerechnet Ekki Opfer einer Attacke der Feministinnen auf den "Advokat des Teufels" wird, ist hingegen eher ein Kollateralschaden. Wilsberg kommt ins Spiel, weil ihn die sympathische Gattin (Maja Bothe) des entführten Anwalts um Hilfe bittet, und es tut dem Genuss dieses auch dank der erneuten Mitwirkung von Janina Fautz rundum sympathischen Films keinerlei Abbruch, dass alte "Wilsberg"-Hasen früh ahnen werden, wer tatsächlich hinter der Entführung steckt.