Celle (epd). Ein Spätaussiedler, der bei Aufräumarbeiten nach dem Unglück im Atomkraftwerk von Tschernobyl 1986 Folgeschäden erlitten hat, kann nach einer Entscheidung des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen grundsätzlich Entschädigungsansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz geltend machen. Der Witwe eines an Krebs gestorbenem Spätaussiedlers helfe diese Entscheidung jedoch nicht, weil die erlittene Verstrahlung des Mannes nicht als Ursache für den Krebs bestätigt werden konnte, teilte das Gericht am Mittwoch in Celle mit.
Der Mann hatte in der Sowjetunion von 1969 bis 1971 seinen Wehrdienst abgeleistet. 1987 wurde er für ein halbes Jahr verpflichtet, bei Aufräumarbeiten in Tschernobyl als sogenannter Liquidator zu helfen. Die Eheleute kamen 1993 nach Deutschland. Im Jahre 2005 erkrankte der Mann an Krebs, den er auf eine Verstrahlung in Tschernobyl zurückführte.
Das Versorgungsamt lehnte dem Gericht zufolge Entschädigungsleistungen für den Mann ab, da es sich bei der Tätigkeit nicht um Wehrdienst oder Reservistendienst gehandelt habe. Nach dem Tod des Mannes erhob seine Witwe einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Das Landessozialgericht schloss sich in seinem Urteil der Auffassung des Versorgungsamtes nicht an. Der Mann sei in Erfüllung seiner Reservistenpflichten tätig geworden und könne damit grundsätzlich einen Entschädigungsanspruch haben, sagte Gerichtssprecher Carsten Kreschel.
Durch die deutsche Anerkennung als Spätaussiedler könne damit in Deutschland ein Anspruch aus einer Wehrdienstbeschädigung folgen. "Die Spätaussiedler sind mit ihren kompletten Lebensläufen in die Sozialsysteme integriert worden", erläutert Kreschel.
Allerdings sei der Mann zu einer relativ späten Phase der Aufräumarbeiten herangezogen worden. Die genaue Strahlendosis sei im Gegensatz zu ähnlichen Fällen nie bekanntgeworden. Sein Einsatz in Tschernobyl sei nach medizinischer Sachlage nicht als Ursache für den Krebs bestätigt. Im ukrainischen Tschernobyl war es 1986 zu einer Kernschmelze gekommen.