Berlin (epd). Die Deutsche Umwelthilfe fordert gemeinsam mit Umweltverbänden aus ganz Europa ein Ende von Biokraftstoffen. Diese Treibstoffe seien bis zu dreimal klimaschädlicher als fossile Kraftstoffe, sagte Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner am Dienstag in Berlin. Er verwies dabei auf eine gemeinsame Studie mit der Rainforest Foundation Norway. In der 40-seitigen Analyse "Öl ins Feuer" werden die Auswirkungen des Biokraftstoffbooms auf die Erde untersucht.
Demnach geht der Anbau von Biomasse zur Verwendung als Biokraftstoff oft mit Entwaldung und der Verödung von Böden einher. Waldflächen in der Größe Bayerns könnten für Biokraftstoff bis 2030 weltweit zusätzlich gerodet werden. Dazu kämen 2,9 Millionen Hektar entwässerte Moorflächen weltweit. Dies würde zu zusätzlichen CO2-Emissionen von 11,5 Milliarden Tonnen führen. Das entspricht in etwa den jährlichen Emissionen Chinas aus fossilen Energieträgern.
Dennoch sei ein wahrer Biokraftstoffboom zu verzeichnen, kritisierte Müller-Kraenner. 90 Prozent des globalen Anstiegs der Nachfrage nach Pflanzenölen seit 2015 entfalle auf Biokraftstoffe. Allein die EU verbraucht demnach jährlich vier Millionen Liter Palmöl, um es Biodiesel beizumischen. 60 Prozent des in die EU importierten Palmöls landen im Tank.
Biokraftstoffe seien von der Politik lange als Lösung gefördert worden, sagte Anahita Yousefi von der Rainforest Foundation Norway: "Doch wie unser Bericht zeigt, verursacht die Verwendung von Pflanzen wie Soja- und Palmöl für Biokraftstoffe massive Abholzungen der Tropenwälder und die Zerstörung von Torf und verstärkt damit Klimagasemissionen sowie den Verlust von Artenvielfalt."
In den vergangenen zwei Jahrzehnten habe die erhöhte Produktion von Palm- und Sojaöl zu einem massiven Verlust von Tropenwald geführt, sagte Yousefi. Abgesehen von einer schlecht durchdachten Biokraftstoffpolitik verursache der massive Anbau von Ölpflanzen die Zerstörung der biologischen Vielfalt und schüre Konflikte mit der lokalen, oft indigenen Bevölkerung.
Laut Umwelthilfe-Geschäftsführer will die EU trotzdem noch weitere zehn Jahre Palmöl im Biodiesel erlauben und den Einsatz anderer Agrarrohstoffe wie Soja- und Rapsöl nicht verringern. Einzelne EU-Mitglieder wie die Niederlande oder Österreich planten allerdings einen vorfristigen Ausstieg aus der Biokraftstoffproduktion. Deutschland als größter Hersteller von Biodiesel in der EU sollte dem folgen, forderte Müller-Kraenner. Im Jahr 2018 habe importiertes Palmöl 21 Prozent des Rohstoffs für den Biodieselverbrauch hierzulande ausgemacht.
Aber auch Biokraftstoffe aus heimischen Pflanzenölen wie Rapsöl oder Abfall- und Reststoffen lehnt die Deutsche Umwelthilfe ab. Auch sie führten erwiesenermaßen im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen zu mehr klimaschädlichen Emissionen und könnten daher keinen Beitrag zum Klimaschutz im Verkehrssektor leisten, sagte die Verkehrsexpertin Dorothee Saar. Angesichts der insgesamt ernüchternden Bilanz der bisherigen Biokraftstoffpolitik müsse rasch "Biosprit aus Anbau-Biomasse komplett abgeschafft werden".