Berlin (epd). Die Deutsche Umwelthilfe beklagt eine bundesweit zu geringe Quote von Mehrwegverpackungen im Getränkehandel. Das Ziel des seit einem Jahr gültigen Verpackungsgesetzes mit einer Mehrwegquote von 70 Prozent werde verfehlt, sagte der Leiter Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Thomas Fischer, am Mittwoch in Berlin. Schätzungen zufolge liege die Mehrwegquote bei Getränkeverpackungen in Deutschland bei höchstens 44 Prozent.
Die stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin, Barbara Metz, forderte von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) eine konsequente Durchsetzung der Quote. Die Unterschreitung müsse mit Strafzahlungen sanktioniert werden. Statt einer wie bislang branchenweit festgeschriebenen Mehrwegquote müsse die 70-Prozent-Quote verbindlich für den gesamten Handel gelten, also auch für kleine Getränkehändler, Supermärkte und Discounter.
Nach DUH-Angaben wird die Mehrwegquote vor allem durch Discounter wie Aldi und Lidl oder globale Konzerne wie Coca-Cola oder Nestlé boykottiert. Metz forderte von der Bundesregierung die Einführung einer Abgabe von 20 Cent für Einweg-Plastikflaschen und Getränkedosen. Diese Abgabe solle zusätzlich zum Pfand für Einwegverpackungen erhoben werden.
Eine konsequente Einhaltung der Mehrwegquote wäre auch ein wichtiger Beitrag für den Klimaschutz, betonte Metz. Allein im Bereich der alkoholfreien Getränke könnten insgesamt bis zu 970.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.
Unterdessen hat der Stuttgarter Getränkehändler Hans-Peter Kastner eine bundesweite Initiative gestartet, mit der kleine und mittelständische Getränkehändler zum kompletten Umstieg oder zur Einhaltung der 70-Prozent-Mehrwegquote aufgerufen werden. Unter dem Titel "Geh mit mir den Mehrweg!" sollen in diesem Jahr bundesweit rund 3.000 Händler zu dem klimafreundlicheren Umstieg bewegt werden.
Zudem ist ein bundesweites Online-Portal für Verbraucher geplant, kündigte Kastner an. "Die Menschen wollen Veränderung. Veränderung muss man aber auch anbieten", sagte der Unternehmer. Über eine Postleitzahlen-Suche sollen Verbraucher auf dem Portal alle Getränkehändler finden, die ausschließlich oder überwiegend Mehrweg-Getränkeverpackungen anbieten.
Das Portal solle bis Ende März an den Start gehen. Es werde derzeit in Kooperation mit Studenten der Universität Stuttgart erstellt. Kastner war bundesweit durch Medienberichte bekannt geworden, weil er als erster Händler sämtliche Einwegverpackungen aus seinem Sortiment verbannt hatte. Seitdem habe sich sein Umsatz um 20 Prozent erhöht, hieß es.
Der Referatsleiter für Getränke der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Ulf Henselin, betonte, dass die Mehrwegquote in Deutschland sich auch positiv auf den Arbeitsmarkt auswirke. "Durch regionale Produkte in Mehrwegflaschen werden auch Arbeitsplätze in strukturschwachen und ländlichen Gebieten erhalten und geschaffen", sagte Henselin. Durch regionale Mehrwegkreisläufe entstünden etwa fünfmal mehr Jobs als durch zentralisierte Abfüllung von Einweg oder den Import von Mineralwasser aus dem Ausland in Einweg-Plastikflaschen.