Gemessen an den beiden Vorläufern erzählt "Der Feuerteufel von Wien" eine vergleichsweise konventionelle Geschichte, und auch die Umsetzung fällt nicht mehr aus dem Rahmen. Wäre Alexander Haller (Philipp Hochmair) nicht blind, könnte die Handlung aus einer x-beliebigen anderen Reihe stammen: Der Rektor eines Elite-Internats ist ermordet worden. Weil die betuchten Eltern der Schüler, allesamt Größen aus Politik und Wirtschaft, die Befragungen blockieren, bittet Hallers frühere Mitarbeiterin Laura (Jaschka Lämmert) ihren bei einem Bombenattentat erblindeten Ex-Chef, undercover zu ermitteln. Also gibt sich der ehemalige Chefinspektor als Musiklehrer aus und stößt prompt auf allerlei Ungereimtheiten.
Während der letzte Film ein packender Thriller war – ein Pärchen hatte Hallers Schwester Sophie (Patricia Aulitzky) entführt –, geht es diesmal um die übliche Mordaufklärung. Und weil sich auf Elite-Internaten zumindest im TV-Krimi grundsätzlich wohlstandsverwahrloste und bösartige Jugendliche tummeln, erfüllt das Drehbuch (diesmal von Don Schubert) allerlei gängige Klischees. Erschwerend kommt hinzu, dass die jungen Darsteller gerade gemessen an der stillen Intensität, mit der Hochmair die Hauptfigur verkörpert, allzu eifrig manches Mal übers Ziel hinausschießen. Viel sparsamer gespielt und außerdem sehr schön eingefädelt ist dafür eine Romanze Hallers mit einer Lehrerin, die großen Gefallen an dem "Kollegen" findet. Auch Haller ist angetan, zumal die Frau ähnlich wie er selbst an einer seelischen Verletzung leidet. Bei der Besetzung dieser Figur mit Aenne Schwarz wird die Akustik womöglich wichtiger gewesen als das Aussehen, denn es ist vor allem die leicht rauchige Stimme, in die sich Haller verliebt.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Davon abgesehen gibt es natürlich auch diesmal Szenen, in denen das sensible Gehör des Helden im Vordergrund steht, aber anders als Jano Ben Chaabane, der die beiden ersten Filme inszeniert hat, gewinnt Regisseur David Nawrath diesen Momenten keine besonderen bildgestalterischen Akzente ab, auch wenn Kameramann Tobias von dem Borne gerade bei den Nachtaufnahmen immer wieder ein besonderes Licht gelungen ist. Abgesehen vom Auftakt, als sich das allseits geschätzte Opfer in die zuvor tückisch präparierte Todesfalle begibt, ist auch die Handlung nicht weiter ungewöhnlich. Hallers erster Verdächtiger ist der Chemielehrer, weil der den einfachsten Zugang zu den bei der Tat verwendeten Chemikalien hatte. Später konzentriert er sich auf den Hausmeister (Sascha Alexander Geršak). Dessen Sohn darf die Schule nur dank eines Stipendiums besuchen; dass der zornige Junge, den Haller zwischenzeitlich ebenfalls in Visier nimmt, seinen Vater für einen "absoluten Versager" und einen "Niemand" hält, hat allerdings andere Gründe.
Im Grunde interessanter als die Ermittlungen ist die Nebenebene mit Niko (Andreas Guenther), dem Augenersatz des Helden. Auch diesmal spielt die Spielsucht des Freundes eine wichtige Rolle: Sophie nimmt ihm das Versprechen ab, eine Therapiegruppe aufzusuchen, aber Niko hat alles im Griff, wie er glaubt; und kurz drauf wieder alles verspielt. Immerhin macht er bei dieser Gelegenheit eine interessante Entdeckung, die zunächst ein völlig neues Licht auf den Fall wirft. Eher überflüssig ist dagegen ein Disput zwischen den Geschwistern, weil Sophie ihren Bruder ohne dessen Zustimmung auf einer Dating-Website angemeldet hat; die Szene wirkt wie eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Patricia Aulitzky. Interessant ist immerhin der Schauplatz von Alexanders Ermittlungen: Als Niko seinen Freund und Chef zum Internat fährt, fühlt er sich sofort an Harry Potters Schule Hogwarts erinnert; Schloss Grafenegg ist die bedeutendste Schlossanlage des romantischen Historismus in Österreich. Aber weder die entsprechenden Schauwerte noch die schönen Freundschaftsszenen, die zärtliche Romanze oder die sanfte Filmmusik (Jan Janssons) können kaschieren, dass "Der Feuerteufel von Wien" bei Weitem nicht die Klasse der letzten Episode hat.