Tobias Faix, Professor für Praktische Theologie an der CVJM-Hochschule in Kasse, sagtel dem epd, gemeinsam mit der Wissenschaftlerin Johanna Weddigen und Tobias Künkler vom CVJM-Forschungsinstitut "empirica" in Kassel habe er 3.200 evangelische Singles im deutschsprachigen Raum befragt. Demnach fühlten sich Alleinstehende in ihren Gemeinden häufig vernachlässigt und ausgegrenzt. Faix sprach sich für eine "singlesensible Kirche" aus.
"Die am meisten wachsende gesellschaftliche Gruppe ist die am wenigsten beachtete kirchliche Gruppe", erklärte der Blogger. Dabei sehnten sich gerade Singles nach Gemeinschaft. Während sich mehr als die Hälfte der Befragten spezielle Angebote wünschten, hätten gerade einmal sechs Prozent von ihnen angegeben, Singlearbeit in ihren Gemeinden zu kennen. "Da ist eine große Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit", betonte Faix.
Besonders Frauen fühlten sich in der Gemeinde häufig stigmatisiert. Sie stünden unter besonderem Druck, da sie die "biologische Uhr" ticken hörten und es in vielen Gemeinden eine oftmals unausgesprochene Normativität von Ehe und Familie gebe, die Singles als "unvollkommen" zurücklasse. Die Umfrage machte zudem deutlich: Wenn der Partnerwunsch sinke, steige die Lebensqualität der Single-Frauen. Das sei oftmals ab etwa 45 oder 50 Jahren der Fall, sagte Faix.
Auf der einen Seite führten die meisten christlichen Singles ein freies, selbstbestimmtes Leben. Auf der anderen Seite sei der Wunsch nach einer Beziehung groß und bestimme den Alltag. 81 Prozent der Befragten sehnten sich nach einem Partner. Die Erfahrungen der alleinlebenden Christinnen und Christen spiegeln nach den Worten des Forschers den gesamtgesellschaftlichen Eindruck wieder. Auch außerhalb der Kirche machten Singles die Erfahrung von Ausgrenzung.
Bis zu 18 Millionen Singles in Deutschland
Ein weiterer Schwerpunkt der Studie war die Sexualität der Männer und Frauen. Auch hier fühlten sich die Singles von der Kirche allein gelassen, da das Thema weder im Rahmen von Veranstaltungen noch in Predigten aufgenommen werde. Dabei wäre dies wichtig, da viele unzufrieden und unsicher im Umgang mit ihrer Sexualität sind, wie Faix berichtete.
Für die Studie wurden hauptsächlich sogenannte hochreligiöse evangelische Singles befragt. Als "hochreligiös" gilt, wer dem Glauben auch in seinem Alltag einen hohen Stellenwert beimisst, wer zum Beispiel regelmäßig betet oder einen Gottesdienst besucht. Die Studienergebnisse stellen die Autoren am 7. März auf einem Fachtag in Kassel vor. Dort diskutieren sie mit Experten, was dies für Gemeinden vor Ort konkret bedeutet. In Deutschland gibt es Schätzungen zufolge zwischen 16 und 18 Millionen Singles. Laut Statistischen Bundesamtes leben rund 41 Prozent der Bevölkerung allein.